Dreister Griff in die Taschen der Eltern

Im nächsten Stadtrat will die Stadtverwaltung den Essengeldzuschuss für das Mittagessen von 50 Cent pro Portion kürzen. Nach dem bereits zu Beginn des Jahres erfolglos versucht wurde den Zuschuss zum Essengeld für Kindertageseinrichtungen zu streichen, was damals einmütig von allen Stadträten abgelehnt wurde, will nun die Stadt in die Taschen der Eltern von Schülerinnen und Schülern greifen.

Bisher galt der Stadtratsbeschluss zur Drucksache 087/05 aus dem Jahre 2005, der die Tarifordnung zur Beteiligung der Eltern an den Aufwendungen der Schülerspeisung befürwortet. Im §5 wird der Zuschuss zur Schülerspeisung von 0,50 Euro pro Portion als freiwillige Aufgabe der Stadt festgelegt.

In der vorliegenden Drucksache für den nächsten Stadtrat im März heißt es, dass im Rahmen der Haushaltskonsolidierung zum Haushalt 2010 und der Prüfung aller freiwilligen Aufgaben der Zuschuss durch die der Stadt nun entfallen soll. Entsprechender § 5, Abs.1, Satz 1 soll eine neue Fassung erhalten: „Die Höhe des Elternanteils an der Mittagsversorgung entspricht dem Portionspreis des jeweiligen Essensanbieters.“

Was hier harmlos klingt, ist beim genaueren Hinsehen eine Ignoranz gegenüber einer eindeutigen Positionierung des Stadtrates. Noch am 27. Januar hat der Rat ohne Gegenstimme beschlossen, den Essengeldzuschuss für die Kindergärten in freier Trägerschaft von 50 Cent weiterhin zu gewähren.

Michael Panse, Familienpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion findet deutliche Worte: „Oberbürgermeister Bausewein und Beigeordnete Thierbach greifen den Eltern dreist in die Tasche. Erneut wird offenkundig, dass Familienfreundlichkeit nicht auf der Agenda der Stadtverwaltung steht!

Was hier gern als Familienfreundlichkeit öffentlich zu Schau getragen wird, entspricht längst nicht mehr dem Handeln der Stadtverwaltung. Die Auswahl der Kürzungen erscheint willkürlich. Die CDU-Stadtratsfraktion wird der Vorlage nicht zustimmen. Denn eine Sanierung des Haushaltes auf dem Rücken der Eltern ist mit uns nicht zu machen!“

 

V.i.S.d.P. Julia Riehm

Fraktionsreferentin

2 Gedanken zu „Dreister Griff in die Taschen der Eltern“

  1. Sehr geehrter Herr Panse,

    „Profilneurosen auf dem Rücken von Eltern auszutragen fördert Politikverdrossenheit und schadet der Demokratie.“

    Ja, die Streichung eines Essengeldzuschusses ist ein Griff in die Taschen von Eltern. Aber Sie unterschlagen bei ihren Aussagen geflissentlich, dass Sie selbst es waren der diesen Beschluss gefasst hat – und zwar als Landtagsabgeordneter unter einer CDU Alleinregierung bereits im Jahr 2005.

    Die Stadt Erfurt hat seit dem Jahr 2006 eine Streichung des Thüringer Landeshaushaltes ausgeglichen, damit Eltern nicht unter dieser Maßnahme leiden mussten. Die Stadt Erfurt hat also jahrelang eine Leistung übernommen, die der CDU Thüringen augenscheinlich gleichgültig war.

    Wir GRÜNE hatten bereits damals Probleme mit diesem Beschluss. Einerseits weil der Zuschuss ohne jegliche Einkommensprüfung gezahlt wird und zweitens, weil Eltern, die ihre Kinder zu Hause versorgen – sei es weil sie ihnen ökologisches Essen bieten wollen oder weil die Kinder Allergien haben oder weil es ab einem bestimmten Alter einfach „uncool“ ist an Gemeinschaftsverpflegung teilzunehmen – davon ausgeschlossen sind. Beides ist von Gerechtigkeit weit entfernt.

    Die Streichung ist in Zeiten knapper Kassen folgerichtig und konsequent, weil das wenige Geld den wirklich Bedürftigen zukommen sollte. Das soll auch weiterhin so sein und dafür hoffe ich auch auf die Stimmen der CDU im Stadtrat.

    Kathrin Hoyer
    Fraktionsvorsitzende GRÜNE Erfurt

  2. Sehr geehrte Frau Hoyer,

    Sie haben ausdrücklich Recht! „Profilneurosen auf den Rücken von Eltern auszutragen fördert Politikverdrossenheit“. Deshalb reagiere ich auch gerne auf Ihren Brief denn „Die Unwahrheit zu verkünden, schadet der Demokratie ebenso“.

    Ich habe den Beschluß zur Streichung des Essensgeldzuschusses durch das Land 2005 mitgetragen. Sie finden dazu sogar Textpassagen auf meiner Homepage. Damals haben wir sehr viele freiwillige Leistungen des Landes gestrichen bzw. auf die Kommunen übertragen.
    Die Landeshauptstadt Erfurt hat 2005 (Inkrafttretung zum Schuljahresbeginn 2005/2006), also nicht erst 2006 wie Sie behaupten, den Beschluß zur Unterstützung von 50 Cent je Essensportion getroffen – unterzeichnet vom OB Ruge (CDU) und beschlossen mit den Stimmen der CDU. Wir wollten und wollen diese Unterstützung für alle Eltern.
    Dies insbesondere, weil wir nicht wie die Grünen Klientelpolitik für einen Teil der Eltern machen wollen, sondern uns jedes Kind wichtig ist.

    Ich danke Ihnen für die Aussage, dass die Grünen den Eltern Erfurter Grundschulkinder den Zuschauss von 50 Cent streichen wollen, weil sie es ab einem gewissen Alter für „uncool“ halten an Gemeinschaftsverpflegung teilzunehmen.
    Überaus peinlich ist diese Aussage vor dem Hintergrung des Beschlusses V06 der Landesdelegiertenkonferenz der Grünen im August 2008. Dort fordern die Grünen: „Gesundes und abwechslungsreiches Schulessen muss in den Grundschulen kostenlos sein.“

    Michael Panse

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