Wenn die Türen im Stadtrat zu sind…

Nichtöffentliche Stadtratssitzung...
Nichtöffentliche Stadtratssitzung...
Was kann man eigentlich aus einer dringlichen nichtöffentlichen Stadtratssitzung berichten? Nun zunächst sicherlich das, was zwar beantragt, aber letztlich nicht beschlossen wurde. Und dann natürlich auch das, was die politischen Mitbewerber schon selbst verkündet haben. Schließlich aber, und darauf haben die Erfurterinnen und Erfurter ein Recht es zu erfahren, alles was aus Opportunismus oder Heuchelei in öffentlichen Stadtratssitzungen anders gesprochen wird, als wenn sich dann die Türen des Ratssitzungssaales für die Öffentlichkeit schließen. CDU und Freie Wähler hatten die heutige dringliche Stadtratssitzung zum Gerichtsverfahren um die Entlassung der Stadtwerkegeschäftsführer beantragt. In einer Pressemitteilung haben wir begründet, warum und mit welchen Inhalten wir heute die Beratung der Aktuellen Stunde zu den Stadtwerken von letzter Woche fortsetzen wollen. Unser Antrag wurde am Ende nicht abgestimmt sondern von einer merkwürdigen Allianz von Oberbürgermeister, SPD, Grünen und FDP ins Gegenteil verdreht und ein Änderungsantrag mehrheitlich von ihnen beschlossen. Bevor dies aber soweit kam gab es erst einmal Irritationen darüber, ob die Sitzung überhaupt stattfinden würde. Die Linke beantragte unmittelbar nach Beginn der Stadtratssitzung eine halbstündige Sitzungsunterbrechung. Allerdings trug auch diese „Findungsphase“ bei ihnen nicht zu einem klaren Meinungsbild bei. Der Riss ging mitten durch die Fraktion der Linken, klar erkennbar die beiden Flügel, die derzeit auch um die Frage streiten, ob eine Koalition mit der SPD oder eine Fundamentalopposition gegen den OB das Ziel ist. Lediglich auf der Internetseite der Linken Stadtpartei (und bei Bodo Ramelow) ist überhaupt eine Position zu den Stadtwerken zu finden. Mutig wird dabei der Oberbürgermeister aufgefordert, seinen Aufsichtsratsvorsitz in der SWE Holding ruhen zu lassen. Im Stadtrat schweigt die Linke dazu konsequent. Nicht nur dabei drängte sich das Bild der drei Affen auf. In Asien stehen die drei Affen für den vorbildlichen Umgang mit Schlechtem. In Westeuropa hingegen stehen sie symbolisch für mangelnde Zivilcourage und dies war auch im Stadtrat zu beobachten. Während die einen im Stadtrat nichts sagen wollen, wollen die anderen nichts hören oder sehen. Die Verdrängungsstrategie von Rot-Rot-Grün funktioniert natürlich am Besten in einer nichtöffentlichen Sitzung. Vor einer Woche noch verkündeten Grüne und FDP gemeinsam mit den Linken genauso wie wir und die Freien Wähler, dass der Beschluss zur fristlosen Entlassung der beiden Stadtwerkegeschäftsführer im letzten September falsch war. Die waren aber offensichtlich bei den erstgenannten drei Fraktionen nur Schaufensterreden. In Nichtöffentlicher Sitzung offenbarte sich die Heuchelei. Eine Erläuterung man wolle ein Berufungsverfahren als „Drohgebärde“, um den Preis der finanziellen Forderungen der Gegenseite zu drücken, halte ich für ein Armutszeugniss der Argumentation. Purer Opportunismus ist es hingegen wenn man hinzufügt, man sei politisch allerdings genau anderer Meinung. So argumentieren die einen. Die anderen meinen eine Aufhebung eines falschen Beschusses sei nicht notwendig und die SPD sowie der OB fühlen sich immer noch im Recht. Zum wiederholten Mal betonte der Fraktionsvorsitzende unisono wie sein OB, das Landgericht habe falsch geurteilt. Der Justizminister hörte zu und schwieg… Am Ende wurde gemeinsam von OB, SPD, Grünen und FDP wieder die Geldverbrennungsmaschine angeworfen und beschlossen, die Stadtwerke sollen „notfalls alle prozessualen Mittel ergreifen“. Dies bedeutet vorsorglich in ein Berufungsverfahren zu gehen, um die ehemaligen Geschäftsführer zu einem Vergleich zu nötigen. Vor dem Hintergrund davor, dass selbst die Juristen der Stadt Erfurt inzwischen von einem Berufungsverfahren wegen Aussichtslosigkeit abraten, wird dies wohl eine teuere Geschichte für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt: Prozeß-, Gutachter-, Gerichts- und Anwaltskosten werden den bis jetzt schon entstandenen Schaden deutlich erhöhen. Dafür tragen nun OB, SPD, Grüne und FDP die politische Verantwortung. Aber es geht dabei leider nicht um die Parteibeiträge der SPD sondern um das Geld der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Erfurt. Wenn im Oktober vom OB der Sparhaushalt in den Stadtrat eingebracht wird, werden wir darüber reden, wie und wo Gelder sinnlos verpulvert werden!

5 Gedanken zu „Wenn die Türen im Stadtrat zu sind…“

  1. Ach Micha, kehr doch beim Thema nichtöffentliche Sitzungen auch vor der eigenen Tür.

    Mit dem Finger auf andere zeigen ist leicht, wenn man zu dem Zeitpunkt nicht im Fokus steht.

  2. Was meinst du mit dem kehren vor der eigenen Tür? Ich hatte extra warnend darauf hingewiesen, dass dies meine persönliche Sicht der Dinge ist. Außerdem dachte ich gerade die Sachen hinter verschlossenen Türen sind besonders interessant 😉

  3. Ich meine, dass es mit Sicherheit nicht wenige Entscheidungen deiner Partei gab, als Manfred Otto noch OB war, die hinter verschlossenen Türen getroffen wurden.

  4. Ja, da wiederspreche ich nicht einmal. Aber Oberbürgermeister Andreas Bausewein ist mit dem Ziel angetreten, das „System Ruge“ zu beenden. Jetzt hat er es durch das „System Bausewein“ ersetzt. Da ist es legitim Kritik zu üben, das hat die Opposition zuvor auch berechtigt getan.

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