Michael Panse Reden zum Nachlesen
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Laut allen Umfragen und Untersuchungen zum Wohnen im Alter wollen ältere Menschen so lang wie möglich selbstbestimmt in vertrauter häuslicher Umgebung leben. In Thüringen leben 97 % der 60-Jährigen und Älteren in privaten Wohnungen, d. h. nicht in einem Heim. Nun bieten aber nicht alle bisherigen Wohnungen die Voraussetzungen, die ein solches Wohnen auf Dauer weiter möglich machen. Daher sind ältere Menschen auch sehr daran interessiert in Alternative zum Pflegeheim seniorengerechten Wohnraum im sozialen Nahraum, also in der Stadt oder im Dorf, zu finden, der ihren Bedürfnissen besser entspricht.
Nach einer Untersuchung verändern nach dem 50. Lebensjahr noch 54,8 % der Thüringer ihre Wohnsituation. 21,5 % ziehen noch einmal um und 33,3% nehmen nach dem 50. Lebensjahr an ihrer Wohnung oder ihrem Haus noch größere Veränderungen vor, die mehr als 10.000 Euro kosten.
Wir haben in Thüringen auf Grund des Bevölkerungsrückgangs zwar eigentlich zu viel Wohnraum, es ist aber angesichts der Nachfrage oft der falsche Wohnraum. Viele der Bestandswohnungen stehen als Folge der Binnenwanderung „am falschen Ort“. Und die qualitative Zusatznachfrage älterer Mitbürger nach barrierefreiem bzw. barrierearmem Wohnraum lässt sich oft ebenfalls aus dem vorhandenen Bestand nicht befriedigen.
Für Thüringen wird laut einer jüngsten Untersuchung von einem Bedarf von bis zu 3.000 zusätzlichen seniorengerechten Wohnungen ausgegangen. Senioren- oder altengerechtes Wohnen ist kein fest definierter Begriff. Er bedeutet, dass die Wohnung bezüglich ihrer baulichen, gestalterischen und funktionalen Standards besonders alten und hochbetagten Menschen entgegenkommt. Dazu können z. B. Notrufe in der Wohnung, niveaugleichen Türschwellen, Handläufe, rutschfeste Beläge, Haustüren mit Gegensprechanlage und automatischem Türöffner, Haltegriffe im Bad, bodengleiche Dusche und höhenverstellbares WC gehören.
Und als Beauftragter für das Zusammenleben der Generationen lassen Sie mich auch anmerken, dass dort wo älteren Menschen keine Schwierigkeiten hinsichtlich eines Rollators oder Rollstuhls bereitet werden, auch junge Familien kein Problem mit einem Kinderwagen haben.
Als nächster Schritt nach der seniorengerechten Ausgestaltung des Wohnraums stellt sich die Frage nach dem Umfeld, z.B. nach Formen des betreuten oder Service-Wohnens. Als Minimalvariante im Bestand, meist von Innenstädten, kennen wir die Übernahme von Dienstleistungen für die älteren Bewohner durch einen angestellten Hausmeister oder Concierge, der als Ansprechpartner für alle praktischen Dinge des Alltags zur Verfügung steht. In einer weiter ausgebauten Form arbeiten Wohnungsunternehmen mit Wohlfahrtsverbänden zusammen. Hier kann die altengerechte Wohnanlage mit Tagespflege, oder mit einem ambulanten Pflegedienst, oder mit stationärer Pflege kombiniert sein. In Thüringen befinden sich viele Wohnanlagen dieses Typs auch im Eigentum der Wohlfahrtsverbände selbst, die so eine Lösung aus einer Hand anbieten können.
Besonders hohe Akzeptanz finden Angebote des betreuten Wohnens, die mit Begegnungsstätten kombiniert sind, die sich möglichst auch in die Nachbarschaft, in den sozialen Nahraum öffnen. Wie wichtig und anregend gerade für ältere Menschen Möglichkeiten der Begegnung, auch mit Vertretern anderer Generationen sind, erleben wir bei der großen Beliebtheit, der sich die sogenannten Mehrgenerationenhäuser als offene Begegnungsstätten für Jung und Alt erfreuen.
Weitere Formen des seniorengerechten Wohnens sind Wohngemeinschaften für Ältere, entweder selbst mit Freunden und Gleichgesinnten organisiert, oder in Verantwortung von Wohnungsunternehmen oder Wohlfahrtsverbänden. Hier wird zum Teil aber auch noch die Verabschiedung des Landesheimgesetzes abgewartet, da rechtliche Unsicherheiten in der Abgrenzung zu stationären Einrichtungen befürchtet werden.
Andere Formen des seniorengerechten Wohnens sind das gemeinschaftliche Wohnen Älterer in einem Haus oder in der Nachbarschaft sowie das gemeinschaftliche Wohnen für Jung und Alt. Ein Beispiel für das Mehrgenerationenwohnen ist das Projekt „Gemeinsam statt einsam. Generationswohnen in Arnstadt-Ost“. Ausgehend von einer Gruppe älterer Damen einer Hausgemeinschaft wurde ein gleichnamiger Verein gegründet, der die Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Arnstadt überzeugte, zwei leer stehende Wohnblöcke aus den 60er-Jahren umzubauen und zu modernisieren. Entstanden sind 48 barrierefreie und 3 behindertengerechte Wohnungen mit Balkon oder Terrasse. Jung und Alt, Singles und Familien wohnen hier selbstbestimmt in guter Nachbarschaft bei gleichzeitiger Wahrung ihrer Selbständigkeit zusammen. Zudem stehen Gemeinschaftsräume, eine große Terrasse und die Freifläche zwischen den beiden Häusern zur gemeinschaftlichen Nutzung zur Verfügung. In eine kleine Gewerbeeinheit ist ein privater Pflegedienstleister mit seinem Stützpunkt eingezogen.
Sie sehen, es gibt viele Möglichkeiten, wir leben in einer pluralen Welt. Einigkeit sollte nur in einem bestehen, dass wir Seniorinnen und Senioren nach Kräften darin unterstützen, selbstbestimmt ein aktives Leben in Würde führen zu können. 2012 ist das Europäische Jahr für aktives Altern und Solidarität zwischen den Generationen. Es soll den Blick auf die vielen Möglichkeiten der aktiven Teilhabe, des Dialogs, des Ausgleichs und der Solidarität zwischen den Generationen lenken. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels bietet das Europäische Jahr 2012 eine gute Chance, dass öffentliche Bewusstsein in Thüringen dafür zu schärfen, wie Seniorinnen und Senioren angesichts besserer Gesundheit und gestiegener Lebenserwartung aktiv am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können.
Ein Wohnumfeld, dass dies ermöglicht und unterstützt ist dabei eine wesentliche Voraussetzung. Ich wünsche der Seniorensiedlung in Tambach-Dietharz alles Gute, unfall- und verletzungsfreies Bauen für die Bauleute, den Mitarbeitern des Diakoniewerkes alles Gute und zufriedene Mieter und Bewohnerinnen und Bewohner!
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