Zustimmung und Bedenken am Thüringer Maßnahmeplan zur Umsetzung der UN-Konvention geäußert

masnahmeplan-2Am Freitag letzter Woche fand im Thüringer Landtag in Erfurt die Präsentation des Thüringer Maßnahmeplans zur Umsetzung der UN -Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung statt. Das Podium bestand aus der Ministerin des Thüringer Ministeriums für Soziales, Familie und Gesundheit, Heike Taubert sowie dem Beauftragten für Menschen mit Behinderung, Dr. Paul Brockhausen und den jeweiligen Leitern der verschiedenen Arbeitsgruppen zur Erarbeitung des Maßnahmeplans. Fragen und Anmerkungen äußerten Vertreter aus unterschiedlichen Verbänden, Bildungseinrichtungen und Parteien. Das Ziel der UN-Konvention ist die Chancengleichheit von Menschen mit Behinderung sowie ihre umfassende Teilhabe an der Gesellschaft. Unterzeichnet wurde die UN-Behindertenrechtskonvention durch die Bundesrepublik Deutschland am 30.März 2007 und fand die Zustimmung des Parlaments und des Bundesrates Mitte Dezember 2008. Am 1.Januar 2009 trat sie in Kraft und spricht Menschen mit Behinderung mehr Rechte und damit verbunden auch Pflichten, in allen Bereichen des alltäglichen Lebens, zu. Begrüßt wurden die etwa 150 Personen durch Ina Riehm, Referatsleiterin im Bereich „Behindertenpolitik“ und anschließend hielt Ministerin Heike Taubert die Eingangsrede. Sie sagte, Ziel sei letztlich die Inklusion von Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft. Weiter führte sie aus, dass es nun gelte die Rechte von Menschen mit Behinderung durch- und umzusetzen und dass die Regelungen der UN – Behindertenrechtskonvention weit über bisherige Regelungen hinausgingen. Der erste Schritt der Umsetzung war im Februar 2010 erfolgt, als es galt, Maßnahmen zu entwickeln. Hierfür wurden 9 Arbeitskreise eingerichtet, welche sich mit verschiedenen Themen, wie Bauen, Wohnen, Mobilität oder Gesundheit und Pflege, aber auch mit Themen, wie Schutz der Menschenwürde und Persönlichkeitsrechte sowie die Teilhabe am öffentlichen und politischen Leben auseinandersetzten. Sie lobte den Arbeitsprozess, der mit einer Dauer von zwei Jahren und daraus entstandenen 285 Maßnahmen ein sehr erfolgreicher sei. Auch merkte die Ministerin an, dass dieser Umsetzungsprozess sehr kompakt sei und noch einige Jahre braucht, um ihn vollständig in unsere Gesellschaft integriert zu haben. Weiter führte sie aus, dass in jeder Legislaturperiode eine Überarbeitung des Maßnahmeplans stattfinden soll und noch einiges an Aufklärungs-und Öffentlichkeitarbeit geleistet werden muss. Auch wünscht und erhofft sie sich, dass man die Barriere in den Köpfen vieler  Menschen zu beseitigen versuche, in dem wir alle es schaffen, die Gesellschaft sensibel zu machen und somit Veränderungen und Verbesserungen zu schaffen. Die Vertreter, welche bei der Vorstellung des Maßnahmeplans zu Gast waren, sahen in vieler Hinsicht noch Überarbeitungsbedarf. So bemängelte beispielsweise ein Vertreter im Bereich des Straßenverkehrs, dass es noch zu viele Barrieren und Hindernisse für Menschen mit Behinderung gebe, die es heißt zu beseitigen. Jennifer Schubert vom Bündnis 90/Die Grünen fügte hinzu, andere Gesellschaftsgruppen würden auch von Verbesserungen in diesem Bereich profitieren, wie zum Beispiel Fahrradfahrer oder Eltern mit Kinderwagen. Weiterhin regte der Vorsitzende der Selbsthilfegruppe der Taubblinden in Thüringen an, Kommunikation in Gefängnissen oder psychiatrischen Einrichtungen mit Hilfe der Gebärdensprache zu erleichtern und diese als Fremdsprache an inklusiven Schulen zu unterrichten. Das mit Partnern, welche den Arbeitsgruppen zur Beratung bei der Erstellung des Maßnahmeplans zur Seite standen, in Kontakt geblieben wird, wünscht sich der Landesvorsitzende des Blinden-und Sehbehindertenverband. Weiterhin wäre er sehr dankbar, wenn der Thüringer Maßnahmeplan als Audio-Format zur Verfügung gestellt werden könne, damit auch Menschen mit einer Sehbehinderung die Chance haben, sich die Maßnahmen, welche auch für die Relevanz haben, zu Gemüte zu führen. Gäste aus dem Jenaer Zentrum für selbstbestimmendes Leben merkten an, dass es im Bereich der Sensibilisierung noch einiges zu tun gäbe, was an Einzelbeispielen erkennbar geworden sei. Das Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit bemühe sich, so das Podium, an Maßnahmen in diesem Bereich weiter zu arbeiten. Eine Vertreterin von der Friedrich-Schiller Universität Jena (FSU) teilte in ihren Ausführungen mit, dass die Inklusion im Hochschulbereich noch viel stärker betrieben werden könnte. Als Beispiel nannte sie die medizinische Richtung der Jenaer Universität. Menschen mit Behinderung seien in manchen Fällen medizinisch schlechter versorgt, da Unsicherheit im Umgang mit diesen Menschen herrsche. Jedoch sei der Zugang zu einer Hochschule und der Unterricht für Menschen mit Behinderung extrem erleichtert wurden, sehr zur Freude der Universität. Trotz einiger Zweifel von Vertretern an der Thüringer Politik in Hinsicht auf die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, sprachen viele von ihnen Anerkennung für die erbrachten und natürlicherweise noch nicht abgeschlossenen Leistungen der Politik und auch der Arbeitsgruppen aus. Die Vertreterin der FSU fügte noch hinzu, dass es sehr begrüßt wird die Lehrerausbildung verbessern zu wollen. Auch die Vertreter der Vereinigung der freien gemeinnützigen Kranken- und Pflegeanstalten Deutschlands sprachen ein großes Lob aus. Man sehe die Entwicklung des Maßnahmeplans durchaus positiv, da viele Experten aus verschiedenen Ressorts mitgearbeitet hätten. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass zwischen festgeschriebenen Maßnahmen und der Praxis große Unterschiede liegen. Denn in einem Gesetz können nie alle Einzelfälle Gehör finden. Es ist wichtig die UN-Konvention und den Thüringer Maßnahmeplans als Grundlage für ein gemeinsames Leben in einer Gesellschaft zu sehen, in der es eine Bereicherung ist mit Menschen mit Behinderung zusammen zu leben. Der vorstehende Artikel stammt von Julia Haberzettel. Sie absolviert derzeit ein Praktikum im TMSFG. Der Thüringer Maßnahmeplan im Netz:

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