Die Landeshauptstadt Erfurt ist ein Fall für Peter Zwegat

Schlechte Nachrichten aus dem Rathaus
Allerdings wäre es wohl auch für den RTL-Schuldnerberater, angesichts der Beratungsresistenz der kommunalen Verantwortungsträger, eine Herausforderung diesen Auftrag anzunehmen! Seit der gestrigen Jugendhilfeausschusssitzung ist zumindest klar, dass die Haushaltslage dramatisch ist und die Verwaltung derzeit kein Konzept hat, wie das Loch von über 31 Millionen Euro zu stopfen ist. Zur Sitzung des Jugendhilfeauschusses hatten die CDU-Stadtratfraktion und der Stadtjugendring einen Dringlichkeitsantrag eingebracht, der Auskunft über die Haushaltslage einforderte. Der Oberbürgermeister hatte vor vier Wochen mitteilen lassen, dass er die ursprünglich geplante Einbringung eines Haushaltsentwurfs für 2013 verschieben wird. Sämtliche bereits angesetzten Beratungs- und Anhörungstermine fielen aus dem Terminkalender und bis heute gab es keine Ankündigung, wann ein Haushaltsentwurf kommen könnte. Von rund 32 Millionen Euro die fehlten, war seitens der Finanzbeigeordneten vor einigen Wochen die Rede. Die Suche danach gestaltete sich aber für die Finanzbeigeordnete offensichtlich wie die sprichwörtliche Suche nach dem „Brot im Hundestall“. Der Stadtjugendring wollte mit seinem gestrigen Antrag erreichen, dass die Finanzierung der Maßnahmen der Jugendhilfe ab dem 1.1.2013 mittels monatlichen Abschlagszahlungen erfolgen solle, bis die Verwaltung eine Haushalt 2013 einbringt und dieser bestätigt wird. Schon die widersprüchliche Stellungnahme der Stadtverwaltung lies uns aufmerken. Das Jugendamt dazu: „Dem Antrag wird seitens der Verwaltung des Jugendamtes inhaltlich zugestimmt“. Auf der Rückseite ist die Stellungnahme der Stadtverwaltung (Stadtkämmerei) zu lesen: „Die Drucksache ist aufgrund der vorgesehenen Mittelausreichung 2013 ohne ausgeglichenen Haushalt in der vorgelegt Fassung abzulehnen“. Im Klartext erläuterte die Finanzbeigeordnete Frau Pablich, dass die Stadt praktisch pleite sei. 18 Millionen fehlen im sogenannten Verwaltungshaushalt und über 13 Millionen im sogenannten Vermögenshaushalt. Sie glaubt offensichtlich nicht mehr daran, diese Lücke zu stopfen und deshalb gäbe es von ihr keine Zustimmung zu einer vorläufigen Haushaltsführung, bei der einzelne Titelbereiche freigegeben werden. Zudem bestünde die gleiche Lücke von über 30 Millionen jeweils für die Jahre 2014 und 2015. Die linke Sozialbeigeordnete Tamara Thierbach räumte, für ihre Verhältnisse recht kleinlaut, ein, dass dies so sei. Diese Aussagen schlugen im Jugendhilfeauschuss wie eine Bombe ein. Empört habe ich für die CDU-Fraktion darauf hingewiesen, dass der Stadtrat über diese Dramatik nicht informiert wurde. Am 7. November wurde von Rot-Rot-Grün der 3. Nachtragshaushalt 2012 beschlossen. Dort gab es sogar noch zusätzliche neue Ausgaben, unter anderem für das Lieblingsprojekt der Sozialbeigeordneten „Lernen vor Ort“. Wenn es die Anträge der CDU und des Stadtjugendrings gestern nicht gegeben hätte, hätte die Stadtveraltung das Thema sicher gerne noch länger „unter der Decke gehalten“. Welche konkreten Folgen das Ganze haben wird konnte oder wollte die Stadtverwaltung gestern Abend noch nicht sagen. Klar scheint aber, dass alle befristeten Stellen (unter anderem der Schulsozialarbeit) enden werden. Alle gesetzlich im SGB VIII geregelten Leistungen will die Verwaltung um 20 Prozent kürzen und dem JHA zudem eine Liste über die Aufgaben vorlegen, die sie künftig fördern will. Auf die drohenden Konsequenzen (Entlassung um Trägerinsolvenzen zu vermeiden) verwies der Stadtjugendring. Ob dies so kommt, muss letztlich der Stadtrat entscheiden. Wie sich die Fraktionen dazu positionieren ist offen. Linke und Grüne sagten gestern dazu erstmal gar nichts. Für die SPD-Fraktion drückte der Jugendhilfeauschussvorsitzende seine Verwunderung aus. Ich habe mir mal die Bündnis-/Koalitionsvereinbarung von Rot-Rot-Grün heraus gesucht und nachgelesen, was darin zu dem Thema steht.  „SPD, LINKE und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN streben an, die Haushaltsbeschlüsse bis 2014 gemeinsam zu tragen.“ und weiter: „Ein öffentlicher Beschäftigungssektor soll sozial stabilisierend wirken und öffentliche Aufgaben erfüllen helfen. Der Essengeldzuschuss für bedürftige Kinder in Grundschule und Kindergarten sowie das Sozialticket sollen in ihrer bisherigen Form weitergeführt werden. Die Finanzierung der sozialen Infrastruktur, sowie von Bildung, Kultur, Sport und Demokratie stärkenden Initiativen soll im Umfang fortgeführt und an Stellen von hoher Dringlichkeit möglichst ausgebaut werden. Vereine und Verbände sind stärker als bisher in Planungs- und Entscheidungsprozesse einzubeziehen.“ Blauäugiger und naiver kann man an das Thema Haushalt kaum heran gehen! Zum Thema Haushalt und Finanzen erklären die Bündnispartner: „SPD, LINKE und GRÜNE sind sich einig, dass in der städtischen Haushaltssituation die Ausgabenpositionen nicht losgelöst von den Einnahmen diskutiert werden können. Am Ziel des weiteren Schuldenabbaus soll festgehalten werden, wobei dem Aufbau von Rücklagen Priorität eingeräumt werden soll. In der Haushaltspolitik der Stadt sollen Struktursicherung und Sicherung der kommunalen Infrastruktur vor Konsolidierung gehen.“ Wer solche Tagträumereien formuliert, wird sich nicht dauerhaft wegducken können. Die rot-rot-grüne Truppe hat sich bis jetzt lediglich als Posten-Beutegemeinschaft hervorgetan. Jetzt müssen sie sich an ihrer Bündnis-Prosa messen lassen. Die CDU-Fraktion wird sich selbstverständlich in die inhaltliche Diskussion einbringen, wenn ein Haushaltsentwurf vorliegt. Wir haben bei den Beratungen zum Doppelhaushalt 2011/2012 eindringlich gewarnt und Änderungen vorgeschlagen (u.a. Streichung Sozialticket und Forderung nach einem Personalentwicklungskonzept). Die Anträge sind hier auf der Homepage ebenso wie die Haushaltsreden nachlesbar. Wir haben auch beim Nachtragshaushalt darauf hingewiesen, dass die rot-rot-grünen Beschlüsse das „Schiff weiter auf den Eisberg zufahren lassen“. Wir werden uns an konstruktiven Gesprächen beteiligen, allerdings nicht mit vorher definierten Tabus wie sie in dem rot-rot-grünen Wunschpapier formuliert sind.

3 Gedanken zu „Die Landeshauptstadt Erfurt ist ein Fall für Peter Zwegat“

  1. Berechtigte Frage! Bis 1990 aleine die SED mit ihrer Oberbügermeisterin Seibert. Ab 1990 bis 2006 verschiedene Mehrheitkobinationen aus CDU und SPD unter Führung von Oberbürgermeister Ruge (CDU) und seit 2006 Herr Bausewein (SPD) mit einer rot-rot-grünen Mehrheit. Schulden gab es in Erfurt immer – aber beim Wechsel vom OB Ruge zum Bausewein gab es noch erhebliche Rücklagen und die Gewerbe-, sowie Grundsteuern (auch die Kita-Gebühren) lagen deutlich niedriger, als heute. Die Rücklagen wurden in den letzten sechs Jahren inzwischen verfrühstückt und an allen Gebühreschrauben gedreht.

  2. Rot-Rote Bündnisse haben der Stadt noch nie gut getan. 1989 ist die Altstadt gerade noch vor dem endgültigen Verfall gerettet worden. nur 6 Jahre Rot/Rot und wir haben eine gesperrte Rathausbrücke, eine gesperrte Stadtparktreppe, einen sortenrein nach Parteibuch sortierten Beigeordneten-und Dezernentenküngel. Ist vielleicht mal wieder an der Zeit die Donnerstagsdemos vom Anger auf den Domplatz zu verlegen.
    Das schlimmste ist die gleichgeschaltete Presse. OB Bausewein erklärte unlängstin der TA: „2012 war ein gutes Jahr für Erfurt“ und im selben Interview, was die Stadt alles verkaufen und wo sie Einschnitte vornehmen muß um überleben zu können. Ich glaube, er ist so einfältig, dass ihm der Widerspruch garnicht auffällt… und keiner stellt dazu eine Frage.
    Unabhängige Zeitungen schießen auf solche durchsichtigen Schwätzer mit scharfen Glossen.

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