Bildung in Erfurt in der Diskussion

Das Podium des Bildungsforums
Das Erfurter Zukunftsforum des Vereins „Wir für Erfurt“ fand heute Abend zum 12. Mal statt. Nach vielen anderen zweifellos auch wichtigen Zukunftsthemen für die Landeshauptstadt stand nun auch das Zukunftsthema schlechthin einmal auf der Agenda. Wie groß der Bedarf zu diesem Thema zu sprechen ist, zeigte der Blick in den vollen Saal im Mercure-Hotel. Rund 120 Zuhörer waren gekommen, um Staatssekretär Prof. Roland Merten, Bildungsamtsleiter Werner Ungewiß, dem Vorsitzenden der Evangelischen Schulstiftung Marco Eberl und dem Kreiselternsprecher der Gymnasien Guido Vogel erst zuzuhören und dann ihre Fragen zu stellen. Gudrun Gießler vom Verein „Wir für Erfurt“ stellte fest, dass das Thema Bildung den Nerv der Menschen trifft. Insbesondere Eltern fragen berechtigt nach Qualität und Quatintät in der Bildungslandschaft. Darum ging es im wesentlichen auch in der Diskussion. Die Schülerentwicklung und der positive Trend der Geburten machen dem Amt für Bildung zu schaffen. Während es im jahr 1992 nur 1.002 Geburten gab, waren es im letzten Jahr 1.950. Seit 2007 sind diese Zahlen schon auf relativ hohem Niveau. Werner Ungewiß betonte, dass wir in den Grundschulen mit 2.800 Plätzen noch ausreichend Kapazitäten haben, aber in den Gymnasien „alle Tricks ausgereizt sind“. Zwar bekommen jeder Schüler einen Platz, aber es wir eng und von Wunschrecht kann nicht mehr die Rede sein. Der Stadtrat hat bei der Schulnetzplanung vor einem Jahr daher die Gründung eines weiteren Gymnasiums bzw. einer Außenstelle gefordert. Es gab Prüfungen dazu und wohl auch geeignete Gebäude, aber umgesetzt ist bisher nichts. Mit Erstaunen habe ich dazu gestern die Aussage gehört „über eine Außenstelle ist mit den Schulleitern der Gymnasien gesprochen worden, aber keiner wolle“. Zudem scheut sich die Verwaltung zu einer Neugründung, weil ja auch schließlich die Geburtenzahlen wieder zurückgehen würden. Für die Stadt Erfurt steht die Gründung einer Gemeinschaftsschule oben auf der Tagesordnung, nur dazu gibt es bis jetzt aber auch wenig Bereitschaft an den Schulen. Bei der Stadtratssitzung am Mittwoch wird es unter anderem um die Erfüllung der Aufgaben aus der Schulnetzplanung gehen, ich bin gespannt was dann noch für Erklärungen folgen… Guido Vogel forderte berechtig, dass auch für die Schülerjahrgänge bis 2025 (wenn die Zahlen angeblich wieder zurückgehen) etwas getan werden müsse. Marco Eberl ging auf das Thema ein und warb für eine bessere Einbeziehung der freien Träger. 14 Prozent der Erfurter Schüler (doppelt soviele wie im Freistaat) gehen in eine Schule in freier Trägerschaft. Das Ratsgymnasium könne noch eine weitere Klasse vertragen und es gäbe Bereitschaft zu einer weiteren Schulgründung. Da die Wartelisten bei den Schulen in freier Trägerschaft lang sind, soll sich die Stadt dazu bekennen. Neben den fehlenden Schulen und dem hohen Sanierungsbedarf ist dabei aber auch die Frage der Lehrerschaft zu berücksichtigen. Prof. Merten verwies darauf, dass heutige Neueinstellungen bis zu 40 Jahre im System verbleiben. Thüringen hat in der Gesamtsumme zuviele Lehrer. Allerdings gehen viele in den Ruhestand und in der Altersgruppe der 30 – 40Jährigen gibt es große Lücken. Es fehlen zudem einzelne Fächerkombinationen (allein 256 verschiedene gibt es!). Im Jahr 2013 soll es 400 Lehrerneueeinstellungen geben, ein Drittel zum 1.2. und zwei Drittel zum 1.8. des Jahres. Die Frage wie viele Lehrer zeitgleich ausscheiden beantwortete Prof. Merten, obwohl sie mehrfach gestellt wurde, nicht. Damit bleibt es offen, ob die Zahl der rund 20.000 Lehrer an den über 900 Thüringer Schulen steigt oder sinkt – letzteres ist wahrscheinlicher. Fazit: Das Thema Bildung in Erfurt ist ausgesprochen komplex und beim besten Willen nicht an einem Abend abschließend zu diskutieren. Viele notwendige Fragen konnten gar nicht angesprochen werden. So ging es nicht um die notwendigen baulichen Investitionen. nur wenig um Barrierefreiheit an Schulen, auch nicht um Berufsschulen oder Förderschuleinrichtungen. Größte Probleme wird uns in Erfurt der Widerspruch zwischen einer wachsenden Stadt und den derzeitigen (immernoch) propagierten Einbrüchen bei Geburtenzahlen bereiten. Auch im Kita-Bereich wird immer  nur kalkuliert wie viele Kinder in Erfurt geboren werden könnten und ausgeblendet, dass Erfurt auch deshalb größer wird (bzw. werden könnte), wenn Menschen aus Thüringen oder darüber hinaus in die Landeshauptstadt ziehen. Genug Stoff also um kommunalpolitisch Initiativen einzufordern!

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