Fachtagung Familienpatenschaften

Die heute von mir in meiner Funktion als Generationenbeauftragter ausgerichtete Fachtagung zu den Familienpatenschaften stieß auf erstaunlich großes Interesse. 60 Teilnehmer, darunter die Vertreter von 13 Landkreisen und kreisfreien Städten und viele freie Träger sowie Dachverbände folgten der Einladung in die Rotunde im Ministeriumskomplex. Es ist aber wichtig zunächst einen Blick auf die Familienpolitik in Thüringen zu werfen: Familien sind zweifellos Leben und Zukunft unseres Landes. Hilfe und Unterstützung von Familien muss sich daher durch alle Bereiche des öffentlichen Lebens ziehen. Familienfreundliche Lebensbedingungen machen unseren Freistaat attraktiver. Das stärkt die Familien, die bereits hier leben. Das zieht aber auch Menschen an, die sich gern in Thüringen ansiedeln wollen. Familienfreundlichkeit soll zu einem Markenzeichen Thüringens werden. Sie wird so auch zu einem Standortfaktor, der ausschlaggebend sein wird für die demografische und wirtschaftliche Zukunft von Gemeinden und Regionen. Thüringen gilt bereits als ein familienfreundliches Bundesland. Hierzu trägt maßgeblich die im Bundesvergleich gute Versorgung in der Kinderbetreuung bei. Thüringen hat mit einem Rechtsanspruch im Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetz auf eine ganztägige Kindertagesbetreuung ab dem vollendeten ersten Lebensjahr bis zum Ende der Grundschulzeit eine gute Basis für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geschaffen. Laut der letzten Statistik von vor knapp einem Jahr betrug die Betreuungsquote für Kinder in Tageseinrichtungen und in öffentlich geförderter Kindertagespflege von unter 2 Jahren 30,2 %, im Alter von 2 – 3 Jahren 89,7 % und im Alter von 3 – 6 Jahren 97,0 %. Dennoch dürfen wir uns auf solchen Statistik nicht ausruhen. Wir müssen darauf achten, dass das Angebot auch an jedem Ort zum tatsächlichen Bedarf passt und dass sich die Betreuungsangebote auch qualitativ weiterentwickeln. Ein Beitrag hierzu ist das Modellprojekt in zehn Kindertageseinrichtungen „Die Kindertageseinrichtung auf dem Weg zum Eltern-Kind-Zentrum“. Die Familienfreundlichkeit Thüringens beschränkt sich natürlich nicht nur auf die Kinderbetreuung. Es war wichtig das Thema Familienfreundlichkeit in der Thüringer Nachhaltigkeitsstrategie 2011 und im Landesentwicklungsprogramm 2025 zu verankern. Die Lokalen Bündnisse für Familien befinden sich im weiteren Aufbau. Die Projektgruppe „Lokale Bündnisse für Familien in Thüringen“ hat den Entwurf eines Leitbildes „Familienfreundliches Thüringen“ erstellt, der sich jetzt in der Diskussion befindet.  Das Thema Familienfreundlichkeit wird auch ein Schwerpunkt des Zweiten Thüringer Familienberichts sein, der sich in der Vorbereitung befindet. In einer repräsentativen Befragung Thüringer Familien sollen sie selbst zu Wort kommen und ihre Einschätzungen und Wünsche formulieren können.
Sozialministerin Heike Taubert
Um Kommunen beim Thema der Familienfreundlichkeit zu unterstützen, wird das Audit „Familienfreundliche Kommune“ gefördert. Über die Stiftung FamilienSinn wird es eine Förderung und Begleitung von zunächst bis zu drei interessierten Thüringer Kommunen geben. Familienfreundlichkeit zeigt sich auch darin, wie junge Familien in schwierigen Lebenslagen Unterstützung erfahren. Mit dem Einsatz von Familienhebammen, der von den Jugendämtern koordiniert und mit Landesmitteln gefördert wird, wurde hier das System der Familienhilfe um einen weiteren Baustein ergänzt. Damit können junge Mütter in schwierigen psychosozialen Lebenslagen besser erreicht und unterstützt werden. Diese Möglichkeit besteht allerdings nur bis zum Ende des ersten Lebensjahres des Kindes. Es stellt sich die Aufgabe, wie wir junge Familien weiter unterstützen können. Ich bin allerdings nicht durch das Projekt der Familienhebammen zum Thema der Familienpatenschaften gekommen, sondern von den Großeltern, genauer von den Großelterndiensten. Bei meiner Unterstützung der Großelterndienste in Thüringen stieß ich auf die Frage welche Formen ehrenamtlichen Engagements gibt es noch, mit dem junge Familien unterstützt werden können. Wir sind hier an einem ganz wichtigen Punkt beim Thema Familienfreundlichkeit, der Erkenntnis, dass sie nicht nur ein Thema für öffentliche Stellen ist, sondern ein Thema der gesamten Gesellschaft. In der ein entsprechendes Klima geschaffen werden muss, in welchem Kinderlärm mehr ein Grund zur Freude als zur Anzeige wegen erhöhter Lärmemissionen beim Umweltamt ist. Ehrenamtliches Engagement kann hier eine große Hilfe sein und ist nicht hoch genug zu schätzen.
Elke Pirrhs, Vorsitzende des Landeshebammenverbandes
Die Familienpatenschaften sind ein gutes Konzept um ehrenamtliches Engagement dabei einzubeziehen, junge Familien im Alltag zu unterstützen. Familienpatenschaften können damit einen wichtigen Beitrag leisten, auch die Strategie der Familienfreundlichkeit weiter zu entwickeln. Dieses Modell gibt es unter anderem bereits in Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Bayern konnten auf dem Gebiet bereits Erfahrungen sammeln. Mir erscheint das bayerische Modell am ausgereiften und deshalb haben wir dieses Modell heute vorgestellt. Unsere Sozialministerin Heike Taubert eröffnete die Tagung mit einem Grußwort und sie verwies auf das afrikanische Sprichwort, nachdem es eines ganzen Dorfes benötigt um ein Kind zu erziehen. In diesem Sinne müsse es darum gehen, dass die ganze Gesellschaft mithelfe, um Eltern zu unterstützen. Elke Pirrhs, die Landesvorsitzende des Hebammenverbandes Thüringen schilderte ihre Erfahrungen bei der Betreuung junger Familien. Die Familienhebammen kommen frühzeitig in die Familien, haben eine besondere Vertrauensstellung und möchten gerne auch weiterführende Unterstützungsangebote vermitteln. Elke Pirrhs erinnerte daran, dass sich für jede junge Familie mit der Geburt viel änder „es gibt kein Leben mehr mit einem festen Plan“. Hilfe anzunehmen oder einzufordern ist nicht jedermanns Sache. Sie habe bei ihrer Betreuung von jungen Müttern auch den Satz gehört „bei mir sieht es daheim aus… wenn das das Jugendamt wüsste“.
Hilde Bortlik
Hilde Bortlik, die Korrdinatorin der bayerischen Familienpaten, stellte das bereits seit 2010 dort gestartete Projekt vor. Unter Schirmherrschaft des Sozialministeriums und mit Unterstützung der Robert-Bosch-Stiftung ist dort ein Modell etabliert, bei dem 130 Familien an 22 Standorten betreut werden. Auch Frau Bortlik erinnerte daran, wie schnell Familien an ihre Grenzen kommen. Nicht nur Alleinerziehende, sehr junge Mütter oder sozial benachteiligte Familien sind im Blick auch schon „wenn das zweite Kind ein Zwilling wird, wird es schwierig“. Martina Reinhardt, Abteilungsleiterin im TMSFG, erläuterte wie wir die Familienpatenschaften mit Unterstützung des Bundesnetzwerkes Frühe Hilfen in Thüringen etablieren können – breiten Raum nahm auch die Finanzierungsdiskussion dazu ein. In Thüringen gibt es bereits Erfahrungen mit Patenschaftsprojekten. Das Mentorenprojekt „Balu und Du“ stellte Renate Treyße vor und Dr. Sigrun Fuchs vom Projekt Kinderbetreuung 24 sowie Marion Hoyme vom Großelterndienst Erfurt präsentierte das Modell der Thüringer Großelterndienste. Ich hoffe sehr, dass wir mit der heutigen Tagung viele Informationen vermitteln konnten und daraus Projekte in Thüringen entstehen. Ich werde in den nächsten Wochen das Projekt im Freistaat Thüringen weiterentwickeln, mögliche Partner vor Ort besuchen und für das Konzept werben. Bilder der Tagung    

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