Tafeln für die Hartz IV-Gesellschaft

Das Podium im Augustinerkloster
Unter diesem Titel wurde gestern Abend sehr intensiv über Pro und Contra zu den Tafeln diskutiert. Die Evangelische Akademie Thüringen und die Landeszentrale für politische Bildung hatten gemeinsam zu einer Podiumsdiskussion in das Erfurter Augustinerkloster geladen und über 50 Gäste waren gekommen. Seit über 20 Jahren gibt es die Tafeln in Deutschland. Inzwischen werden von ihnen bis zu 1,5 Millionen Menschen versorgt und rund 60.000 Ehrenamtliche unterstützen die Arbeit der Tafeln. Beate weber-Kehr vom Bundesverband Deutsche Tafel e.V. hat 1997 die erste Tafel in Thüringen in Blankenhain mit begründet. Auch in Erfurt gibt es eine Tafel, so wie in nahezu jeder Großstadt. Sie verwies auf das Anliegen der Tafeln Menschen nach einer Bedürftigkeitsprüfung mit Lebensmitteln zu versorgen und dabei Lebensmittel die sonst weggeworfen würden einer sinnvollen Verwendung zuzuführen. Allerdings könne damit keine Armutbekämpfung erfolgen, sondern lediglich eine Armutslinderung. An dieser Stelle setzte Prof. Stefan Selke (Autor von „Kritik der Tafeln in Deutschland“) mit seiner Kritik an. Er sieht in den Tafeln unter anderem eine Rechtfertigung der Wegwerfgesellschaft und einen Akt der Barmherzigkeit, der allerdings eine Hartz IV Ökonomie befördert. Dr. Klaus Scholtissek von der Diakoniestiftung Weimar Bad Lobenstein erläuterte das Prinzip der Tafel Plus. Dabei hat die Diakoniestiftung neben der Lebensmittelversorgung auch eine Holz- und Fahrradwerkstatt, eine Kleiderkammer und eine Spielzeuggarage. Unter den Tafelbesuchern sind 30 Prozent Kinder und in letzter Zeit auch zunehmend Studenten und Asylbewerber. Selke betonte, dass nachhaltige Armutsbekämpfung mit den Tafeln nicht gelingen könne. „Man muss den Menschen das Notwendige geben – und man muss die Not wenden“ erklärte er, ohne allerdings zu sagen wie konkret die Armutsbekämpfung gehen solle. Die im Podium und im Publikum erhobene Forderung die Hartz IV-Regelsätze zu erhöhen sind keine Lösung, weil es nach meiner Auffassung darum gehen muss Menschen Aufgaben und Perspektiven zu geben und sie nicht durch finanzielle Transferleistungen lediglich zu versorgen. Der Staat muss Arbeitsplätze schaffen ist die zweite häufig erhobene Forderung – allerdings kann dies der Staat (zumindest in unserer Gesellschaftsordnung nicht). Der Staat kann und muss die Rahmenbedingungen schaffen, dass Arbeitsplätze entstehen. Dies geschieht auch. Mir ging die Diskussion gestern Abend leider zu einseitig in die Richtung, dass mit den Tafeln finanzielle Freiräume für die Tafelbesucher geschaffen werden. Wie wir eine Aktivierungsgesellschaft schaffen können, in der die Menschen die Tafeln als eine vorübergehende und zeitlich befristete Hilfemöglichkeit verstehen, wurde nur am Rande diskutiert. Nach der Veranstaltung haben wir daher noch intensiv weiter diskutiert.

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