Vorläufige Haushaltsführung mit zweierlei Maß

Trotz Bedenken wurde die Kreditaufnahme für die MFA gestern beschlossen
Erfurt befindet sich immer noch in der vorläufigen Haushaltsführung und die Finanzbeigeordnete Pablich räumte gestern im Vorfeld der Stadtratssitzung erstmals öffentlich ein, dass dies wohl bis September so bleiben könnte. In der Presse übernahm sie die unangenehme Aufgabe für das Versagen des Oberbürgermeisters den Kopf hin zu halten. Bis vor kurzer Zeit wurde er nicht müde zu erklären, dass er im März einen ausgeglichenen Haushaltsentwurf in den Stadtrat einbringen will. Die vorläufige Haushaltsführung hat inzwischen sehr deutliche Auswirkungen auf investive Maßnahmen in der Landeshauptstadt – allerdings geht die Stadtverwaltung damit mit zweierlei Maß um. Bei der gestrigen Stadtratsberatung zur Kreditaufnahme während der Zeit der vorläufigen Haushaltsführung zur Finanzierung der Multifunktionsarena habe ich für die CDU-Stadtratsfraktion auf diese Diskrepanz aufmerksam gemacht und erklärt, warum wir die Kreditaufnahme ablehnen. Bereits am 5. November 2014 hat der Stadtrat mit den Stimmen von Rot-Rot-Grün beschlossen, dass die Auftragsvergabe für die Multifunktionsarena erfolgt. Dazu kalkulierte die Verwaltung zunächst mit einem Kredit in Höhe von 4.6 Millionen Euro und erhöhte den Betrag später auf 5,521 Mio. Euro. Beschlossen wurde dies zu Zeiten, als der Oberbürgermeister öffentlich erklärte, den HH der Landeshauptstadt mit einer erwarteten Hilfe vom Land in Höhe von rund 20 Millionen Euro „rund“ zu bekommen. Heute, vier Monate später wissen wir, dass dies wohl eher nicht klappen wird. Insofern haben sich die Rahmenbedingungen deutlich verändert. Im November 2014 war auch nicht bekannt (bzw. hat die Verwaltung verschwiegen), dass im HH Jahr 2014 rund 12 Millionen Euro dringend notwendiger Investitionen nicht getätigt wurden und mal einfach in das HH-Jahr 2015 verschoben wurden. Letzte Woche hat die Verwaltung eingeräumt, dass infolge der desolaten Haushaltslage auch Investitionen des Jahres 2015 nicht getätigt werden können. Dies betrifft nicht nur Kitas, Schulen, Brücken, Straßen und Feuerwehrgerätehäuser, sondern pikanterweise auch das Kunstrasensanierungsprogramm. Letzteres hat der Stadtrat 2013 beschlossen und es sollte mit einem Kredit des Erfurter Sportbetriebs in Höhe von 2,6 Millionen im Jahr 2015 realisiert werden. Da der erste der neun Sportplätze bereits gesperrt ist und voraussichtlich zwei weitere im Sommer folgen, ist deren Sanierung mehr als dringlich. Sie kann nicht erfolgen, weil im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung eine Kreditaufnahme nicht möglich ist. Im Gegensatz zur Multifunktionsarena gilt dieses Projekt noch nicht als begonnen. Bei der MFA argumentiert hingegen die Verwaltung, dass zwar auch erst Anfang Januar der Spaten in die gefrorene Erde gerammt wurde, aber der Beschluss und die Auftragserteilung gerade noch rechtzeitig im Jahr 2014 erfolgte. Viele Erfurter Fußballvereine werden sich jetzt sicherlich wünschen, dass die zuständige grüne Beigeordnete und der Oberbürgermeister sich ähnlich vorausschauend der Sanierung der Kunstrasenplätze angenommen hätten. Gestern hat die Verwaltung aufwändig erklärt, dass sie gemäß §61 Abs. 2 ThürKO berechtigt sei, bis zur Höhe von 1,65 Mio. Euro einen Kredit aufzunehmen um anteilmäßige Zahlungen für den MFA-Bau zu leisten. Nach Aussage der grünen Beigeordneten würde man damit Zahlungsziele bis zum September 2015 bedienen können – danach wäre auch mit dieser Finanzierungsvariante Schluss. Die CDU-Stadtratsfraktion hat den Antrag zur Kreditaufnahme gestern Abend abgelehnt. Wir erwarten, dass der Oberbürgermeister zunächst alle Karten zum Thema Finanzen auf den Tisch legt, bevor weitere Schulden getätigt werden. Die Kollegen der Linken teilten zwar die Bedenken, waren aber der Meinung, dass sie in einer „Entscheidung zwischen Pest und Cholera“ nun Gefangene ihrer einstmals getroffenen Entscheidungen seien und weil sie A gesagt hätten, nun auch B sagen müssten. Bei ihren Koalitionspartnern den Grünen und der SPD hingegen werden die Bedenken gar nicht erst ausgesprochen. Gemeinsam haben die Kollegen von Rot-Rot-Grün gestern getreu dem Motto „Augen zu und durch“ die Kreditaufnahme beschlossen. Ihre Hoffnung, dass damit die Diskussion zu den bestehenden Risiken beendet ist, wird sich ganz sicher nicht erfüllen.

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