„Alles nur geklaut…“

 
Linkes „Copy & Paste“
Grundsätzlich wird in der Schule Abschreiben als Betrugsversuch gewertet und entsprechend sanktioniert. Ich weiß das noch aus meiner eigenen Schulzeit, aber auch weil ich schulpflichtige Kinder habe. Unerheblich ist dabei, ob man etwas Richtiges oder etwas Falsches abschreibt. Bei Doktorarbeiten wird das heute gerne auch als Plagiat bezeichnet und löst berechtigte Kritik aus und hat auch Konsequenzen. Der linke Stadtratsantrag 2084/15 „Diversity in der Außendarstellung“ ist zweifellos keine Doktorarbeit. Aber auch bei ihm wäre eine Ursprungsquellenangabe angebracht gewesen. Er ist nicht der geistige Erguss der linken Stadtratsfraktion. Er ist schlichtweg abgeschrieben. Im Freistaat Thüringen war ich längere Zeit für Antidiskriminierungsfragen und Diversity zuständig. Aus dieser Zeit hatte ich in Erinnerung – da gab es doch mal was in Berlin zu dem Thema. Beim ersten Googeln gab es zu der Überschrift „Diversity in der Außendarstellung“ gleich mehrere Treffer. Im Ratsinformationssystem der Stadt Erfurt – aber auch weitere Quellen. Die SPD-Fraktion Berlin Mitte hat im März 2013 genau den gleichen Antrag auf den Weg gebracht. Aber auch die SPD hatte den Antrag schon geklaut. Der Ursprungsantrag stammt von den Piraten und wurde im Dezember 2012 in die Bezirksverordnetenversammlung eingebracht. Wortgleich wurde davon sowohl der Antragstext, als auch die Antragsbegründung abgeschrieben. Lediglich ein Wort wurde ersetzt. „Bezirk“ wurde in „Stadt“ geändert. Man könnte meinen das sei nicht so schlimm, der Zweck heiligt die Mittel oder das gute Anliegen überdeckt die Faulheit. Fakt ist aber, dass der Antrag in Berlin schon nicht sonderlich erfolgreich lief. Nach zweijähriger Diskussion in diversen Ausschüssen war das Thema weitgehend totgeredet und verlief im Sande. Um das klar zu sagen: Die CDU-Stadtratsfraktion ist gegen jede Form von Diskriminierung und wir unterstützen Diversity-Ansätze. Aber der Antragstext wurde 2012 aus einem konkreten Anlass heraus in Berlin formuliert. Damals waren Diversity-Ansätz neu und es gab eine „Imagekampagne der Berliner Ordnungsämter“ die nicht ganz unberechtigt kritisiert wurde. Aber bis heute hat sich in öffentlichen Verwaltungen viel zu dem Thema getan. Richtigerweise schreibt die Stadtverwaltung Erfurt als Stellungnahme die Antragsforderung sei bereits „gelebte Praxis“ und daher sei eine Richtlinie entbehrlich. Die CDU-Stadtratsfraktion ist der gleichen Auffassung und deshalb lehnen wir eine monate- bzw. jahrelange Beschäftigung der Verwaltung mit der Erstellung einer solchen Richtlinie ab. Rot-Rot-Grün hat den Antrag in den Fachausschuss überwiesen – wir werden wieder darüber sprechen, wenn er von dort in den Stadtrat zurückkommt. Ursprungstext aus Berlin: Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen: Das Bezirksamt wird beauftragt, eine Richtlinie für die Außendarstellung und Öffentlichkeitsarbeit der Verwaltung in Friedrichshain-Kreuzberg mit dem folgendem Ziel zu entwickeln: In der Außendarstellung und Öffentlichkeitsarbeit der Verwaltung soll in Text und Bild darauf geachtet werden, die Vielfalt der hier lebenden Menschen in Bezug auf Alter, Geschlecht, ethnische Herkunft, Behinderung, sexuelle Orientierung, verschiedene Familienmodelle etc. darzustellen. Mit diesem Ziel soll die Richtlinie festschreiben, dass auf beispielsweise Plakaten, in Prospekten von Ämtern, auf Webseiten des Bezirks etc. wann immer möglich auch Menschen mit Behinderung, Menschen mit Migrationshintergrund, homosexuelle Paare und Regenbogenfamilien und Menschen verschiedenen Alters zu sehen sein sollen. Eine Miteinbeziehung von Migrant_innen- und Behindertenorganisationen bzw. der Queer- Community und ihren Organisationen bei der Entwicklung der Richtlinie wäre begrüßenswert. Das Bezirksamt möge berichten bis 1. Mai 2013. Begründung: Durch die Darstellung von Vielfalt soll der Konstruktion einer Norm entgegengewirkt werden, die nur heterosexuelle Paare, „weiße“ Menschen ohne Behinderung und klassische Familien kennt. Stattdessen sollen sich alle Menschen unseres vielfältigen Bezirks von Plakaten, Prospekten, Webseiten u. a. angesprochen fühlen. Eine Richtlinie für die Außendarstellung, die explizit zur Darstellung menschlicher Vielfalt auffordert, kann helfen, einseitige Darstellungen wie z.B. bei der Bebilderung der „Imagekampagne der Berliner Ordnungsämter 2011“ zukünftig zu vermeiden. Eine Richtlinie ergänzt die verschiedenen Maßnahmen zu Diversity, die in den letzten Jahren durchgeführt wurden. Diese waren und sind sehr begrüßenswert, sie waren allerdings meist abteilungsbezogen, bezogen sich oft nur auf ein oder zwei Personengruppen und waren vor allem nicht explizit auf die Außendarstellung ausgerichtet. Insbesondere können Fortbildungen und Arbeitshilfen, obwohl ebenfalls sehr wichtig, den klaren Vorschriftcharakter einer Richtlinie nicht ersetzen.  

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