Beanstandungsorgie im Stadtrat

Verhandlungsgrundlage...
Verhandlungsgrundlage…
Inzwischen macht es durchaus Sinn, das Erfurter Rathaus nur noch mit der Thüringer Kommunalordnung (ThürKO) bzw. den diversen Kommentierungen und Auslegungen in Buchform zu betreten. Die Stadtratsarbeit ist leider auch in dieser Woche eher von Formalien und Geschäftsordnungsstreit, als von inhaltlicher Arbeit geprägt. Wie bereits bei der letzten Stadtratssitzung Anfang April geht der beanstandungspolitische Irrsinn im Rathaus heute Abend munter weiter. Gleich 9 Stadtratsbeschlüsse beabsichtigt der Oberbürgermeister zu beanstanden. Neben den bereits bekannten Themen bei denen er den Stadtrat für unzuständig hält (Ladenöffnung 1. Mai, Unterbringung von Flüchtlingen, Schulinvestitionen, Ausstellung Begrüßungsgeld, Sozialticket, ADFC) sind noch drei weitere hinzu gekommen. Der Beschluss zum Jahresabschluss der KoWo dürfte dabei die größte Brisanz haben. Für die CDU-Stadtratsfraktion werde ich heute Abend erläutern, warum wir es für einen klaren Verstoß gegen unsere Geschäftsordnung halten, dass dieser, bereits Anfang April mehrheitlich abgelehnte Beschluss, wortgleich wieder auf die Tagesordnung gesetzt wurde. Der Oberbürgermeister begründet dies mit einer (nun nachgeschobenen) Beanstandung des damaligen Nichtbeschlusses. Allerdings gibt es bis jetzt weder das Protokoll der Sitzung vom 6.4.2016, noch eine Drucksache mit einer Beanstandung. Ich habe keinen Zweifel, dass der sanfte Druck bzw. die Disziplinierung auf die SPD-Fraktion Wirkung zeigen wird und die beim letzten mal fehlenden drei Genossen dieses Mal da sein werden. Ob sich aber auch die Linken zu einem eigentlich ungewollten Beschluss nötigen lassen, werden wir bei der Abstimmung erleben. In jedem Fall wird dies wohl ein Thema für die Kommunalaufsicht, das Landesverwaltungsamt, werden. Vorsorglich, damit es nicht langweilig wird,  hat der Oberbürgermeister schon einmal die nächsten zwei Baustellen „aufgerissen“. Zum Antrag linken Antrag Information des Stadtrates zum Krankenstand in der Stadtverwaltung und dem Antrag der SPD Kultur und Soziokultur auf städtischen Flächen kündigte er mögliche Beanstandungen an. Wenn er dann konsequent bleibt, müsste dies auch den grünen Antrag zur Kulturförderung treffen. Zur Zeit zeigt der Oberbürgermeister mit seiner Stadtverwaltung eine merkwürdige Begabung nahezu alle Fraktionen zu verärgern. Die eigentlich dringen notwendigen kommunalpolitischen Entscheidungen kommen dabei unter die Räder. Ein Haushalt ist weit und breit nicht in Sicht. Während andere Städte ihren Haushalt in diesen Tagen beschließen hat Erfurt noch nicht einmal einen Entwurf. Im Gegenteil – von einem ausgeglichenen Entwurf entfernt sich die Stadt. Im Hauptausschuss verkündeten der Oberbürgermeister und seine Sozialbürgermeisterin gestern, dass ab sofort das Sozialticket wieder bezahlt würde. Das Landesverwaltungsamt habe es der Pleite-Stadtverwaltung „erlaubt“ diese freiwillige Leistung auch im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung fortzusetzen. Das Motto im Erfurter Rathaus ist augenscheinlich „lasst uns das Geld schnell ausgeben, bevor es alle ist“.

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