Mobiler Blitzer: Stadtverwaltung Erfurt gibt sich der Lächerlichkeit preis

Bernd das Brot ist dagegen eine Schönheit
Bernd das Brot ist dagegen eine Schönheit
Inzwischen ist er selbst zum Fotomotiv geworden und nach einem Kurzauftritt in der Fußgängerzone der kurz vor dem Anger nun in den Erfurter Norden weiter gezogen. Unsere Fraktionsgeschäftstelle hat heute einmal eine eher satirisch gemeinte Zusammenfassung zum neuen lokalen Medienstar geschrieben. „Zum medialen Gespött des Tages bzw. der Woche ist inzwischen eine Blitzeraktion der Erfurter Stadtverwaltung geworden. Dabei steht bzw. stand der neu erworbene mobile Blitzer, der eher dem Panzerschlachtschiff Potemkin ähnelt, neben der Lorenzkirche am Anger und blitzt ganz offensichtlich fröhlich Straßenbahnen und Passanten, die sich auf Augenhöhe des Hightechblitzers befinden. Es ist zu bedenken, dass dieser gewiss mit viel Bedacht ausgewählte Standort in der Schlösserstraße am Rande einer Fußgängerzone im verkehrsberuhigten Bereich zu finden ist, wo sonst in der Tat lediglich der Schienenverkehr oder die zeitlich begrenzte Innenstadtbelieferung passieren dürfen. „Offenbar haben die Experten der Stadtverwaltungen einen beachtlichen Ehrgeiz, bundesweit für Schlagzeilen zu sorgen“, kommentiert CDU-Fraktionschef Michael Panse. Aus der Verwaltung heißt es indes, dass es sich um eine Testphase handle. Damit reiht sich diese Aktion jedoch in einer Reihe äußerst fragwürdiger, bedenklicher und teils sinnfreier Testphasen und utopischer Experimente ein, die es damit auf skurrile Weise geschafft haben, sich bundesweit in den Schlagzeilen wieder zu finden. Dazu zählen außerdem der berüchtigte Kreisverkehr am Herrenberg, die Nordhäuser Straße oder Poller Paul. „Wenn der Stadtverwaltung und dem Oberbürgermeister so schon nicht einfällt, wie man Erfurt besser nach außen vermarkten kann, dann halt eben so. Schlechte PR ist auch PR“, meint Panse weiter. Wo soll also der Blitzerpanzer als nächstes stehen? Auch der vorherige Standort in der Innenstadt im Parkverbot an der Barfüßerkirche erschien vielen Erfurtern bereits fragwürdig. Am Anger blieben ebenfalls viele Passanten stehen oder gingen fragend vorbei – Blitzer-Selfie inklusive, wenn die Bahn zu schnell vorbei fuhr. Steht das Gerät dann künftig auch am Fischmarkt, damit die Spitze unserer Stadtverwaltung nicht zu schnell auf den Rathausinnenhof fährt? Apropos Selfie. Und wie war das mit der Privatsphäre? Hieß es nicht auch aus den Reihen der SPD, dass im Zusammenhang der Sicherheitsdebatte am Anger Videoüberwachung wegen der Privatsphäre nicht gewünscht wäre? Nun steht dort aber so ein Kasten, der jedes schmusende Pärchen oder jedes verzogene Gesicht ablichtet – wenn die Tram schnell genug vorbeidüst. Erstaunlich erscheint vor dem Hintergrund aber, dass sich die SPD jetzt heldenhaft hinter ihre Verwaltung stellt und den Blitzerpanzer verteidigt. Vor Schulen oder Kindergärten ergäbe das Gerät sicherlich auch Sinn, aber am Rande einer Fußgängerzone, wo ohnehin mit reduziertem Verkehrsaufkommen zu rechnen ist, lässt sich die Aktion lediglich belächeln. Es wäre möglicherweise denkbar, Radfahrer, die auf dem Anger tagsüber unerlaubterweise fahren, zu kontrollieren, aber da ist ein Blitzer wohl möglich eher kontraproduktiv. Er könnte sportlicher Anreiz sein, bewusst zügig daran vorbeizufahren, um den Blitzer auszulösen in dem Wissen, dass die entstandenen Bilder ohne Kennzeichen nicht verwendbar sind. Dann wäre da abschließend noch eine Bemerkung zur Ästhetik zu machen. Dabei soll außerdem die Erfurter Werbesatzung in den Blick genommen werden. Gleich zu Beginn heißt es dort: „Werbeanlagen müssen so gestaltet sein, dass sie den städtebaulichen und architektonischen Besonderheiten der Altstadt von Erfurt Rechnung tragen und nicht verunstaltend wirken.“ Natürlich hat eine Maßnahme zur Verkehrssicherung wenig mit Werbung zu tun, auch wenn man meinen könnte, wie anfangs bemerkt, dass es sich bei dem Blitzer am Anger um einen schlechten Werbegag handle. Nein, der Maßstab an dieser Stelle war die Frage nach Ästhetik, angepasst an die schöne Erfurter Innenstadt. Geschäfte, Gastronomie und Händler müssen sich streng daran halten und werden mit hohen Auflagen geradezu drangsaliert. Warum also darf die Stadtverwaltung dann so ein wirklich hässliches Ding beinahe mitten auf den Anger stellen? Scheinbar wandelt sich die einst als transparent angepriesene bürgernahe Politik des Oberbürgermeisters in Gängelei, aber vielleicht liegt das an der Länge seiner Amtszeit. Bei allem Schmunzeln jedoch, das hier nicht ausbleibt, wird das Thema Anfang September auf der Tagesordnung der Stadtratssitzung stehen. Michael Panse stellt dem Oberbürgermeister dazu eine Anfrage, um zu klären, welche tatsächliche Begründung für diese merkwürdige Blitzeraktion vorliegt.“ (Alex Hein)

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