Podiumsdiskussion des RWE-Fanrates mit den OB-Kandidaten

Das Podium im Cafe Nerly
Das Podium im Cafe Nerly
Heute Abend hatte der Fanrat des FC RWE fünf der Oberbürgermeisterkandidatinnen und Kandidaten ins Cafe Nerly zur Diskussionsrunde eingeladen. Nach den turbulenten Wochen und der nun laufenden Insolvenz ist es höchste Zeit, dass sich Stadt und Verein aufeinander zu bewegen. In der Vergangenheit war dies viel zu selten der Fall. Insofern war das heute eine gute Aktion und hoffentlich der Auftakt zu einer intensiveren Gesprächskultur. Die anwesenden Kandidatinnen und Kandidaten hatten zuvor recht unterschiedliche Erfahrungen mit RWE und Fußball. Von Marion Walsmann (Vereinsmitglied und zur Jahrtausendwende auch Aufsichtsratsmitglied von RWE), über Alexander Thumfahrt (hat in seiner Jugend in München mal Fußball gespielt), Andreas Bausewein (Vereinsmitglied und Hobbyfußballer) bis zu Karola Stange (war noch nie in der neuen Multifunktionsarena), war alles dabei. Die rot-weiße jüngere und ältere Geschichte wurde heute zwar intensiv diskutiert, aber ich fasse meinen Blick auf RWE, die MFA und die Insolvenz gerne hier noch einmal zusammen: Insbesondere die Nachwendegeschichte von RWE ist geprägt von wechselnden sportlichen Erfolgen. In den Neunziger war der Club lange und tief in der Drittklassigkeit und dann gab es schließlich die erste Insolvenz Ende der 90ger Jahre. Auch danach ging es mühsam weiter. Immer wieder gab es wirtschaftliche und damit einhergehende sportlichen Schwierigkeiten. Das Zuschauer- und Sponsoreninteresse war in den letzten Jahren höchst unterschiedlich. In der 2. Liga 2004/2005 waren es durchschnittlich 12.000 Zuschauer. In der 3. Liga sind es seit 10 Jahren durchschnittlich zwischen 5.000 – 6.000 Zuschauer und auch in der neuen Multifunktionsarena sind es entgegen ursprünglicher Prognosen nicht mehr geworden. Für die Sanierung des alten Stadions hat die CDU schon im Jahr 2008/2009 geworben, als klar war, dass das alte Steigerwaldstadion den Ansprüchen der 2. Liga nicht mehr gerecht wird. Damals ging es um geschätzte Sanierungskosten von ca. 8 Mio. Euro. Insbesondere Dieter Althaus als Ministerpräsident hat sich dafür ausgesprochen. Nach der Wahl war dies aber kein Thema mehr und es wurden keine entsprechenden Fördermittel des Landes in Aussicht gestellt. Der Sanierungs- bzw. Neubauplan von Bausewein und Machnig im Jahr 2011 klang dann verlockend (29 Mio. Euro Landesförderung aus GRW-Mitteln bei lediglich rund 5 Mio. Euro Kommunalmitteln). Die CDU-Fraktion hat dies dennoch kritisiert, weil die dauerhafte Zweckbindung (Stichwort Tourismus) möglicherweise zu Rückforderungen führen könnte. Beim Grundsatzbeschluss zur MFA wurden deshalb Änderungen formuliert die, wie heute festzustellen sind, nicht umgesetzt wurden. Der Vertrauensvorschuss, den Machnig und Bausewein bei dem Beschluss öffentlich eingefordert haben, war daher nicht gerechtfertigt. Die Kritik der CDU an der gewählten Finanzierungsvariante war deshalb berechtigt. Beim Bau der MFA gab es eine Vielzahl von Problemen:
  • Steigerung der Baukosten auf aktuell rund 42 Millionen Euro durch schlechte Planung und Bauüberwachung-
  • Verspätete Fertigstellung zum Nachteil von RWE
  • Immer noch eine unsanierte Westtribüne, die von RWE praktisch nicht genutzt werden kann
  • Ein Arena-Betreibermodell mit dem Land als Partner, ohne dass das Land dafür finanzielle Verantwortung übernommen hat
Die Ursachen der jetzigen Insolvenz reichen zurück bis zur ersten Insolvenz. Durch einen hohen Kredit (Kölmel-Darlehn) ist RWE danach zwar kurzfristig Anfang 2000 zu Geld gekommen, aber das Geld war schnell wieder verbraucht und der erhoffte sportliche Erfolg stellte sich nicht ein. Seit dem belastet RWE diese hohe Kreditsumme als sogenanntes Rangrücktrittsdarlehn. RWE wurde vor 10 Jahren Gründungsmitglied der 3. Liga und startete dort bereits mit einem Schuldenberg. Über die Hälfte der Vereine der 3. Liga sind oder waren in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten und damit quasi zum Aufstieg oder zur drohenden Insolvenz verurteilt. Dies war auch RWE bewusst, deshalb war die Hoffnung auf das neue Stadion und die ausgerufene Mission 2016 (Aufstieg in die 2. Bundesliga) ein Rettungsanker. Leider hat der nicht gegriffen, aber die Schulden haben sich noch einmal deutlich erhöht (u.a. durch die Genussscheine). Präsident Rolf Rombach erklärte gegenüber der Stadt, RWE könne im neuen Stadion 400.000 – 500.000 Euro Miete bezahlen. Begründet in der Hoffnung auf bessere Zuschauerzahlen und bessere Vermarktung. Die Stadt berechnete auf dieser Basis das Betreibermodell mit RWE als Ankermieter. Neben den Verlusten die RWE während der Bauphase und mit der verspäteten Fertigstellung, sowie der nicht nutzbaren Westtribüne machte, kamen Mehrkosten für Security und Betrieb der Arena hinzu. Fakt ist: eine Miete von 500.000 Euro war und ist in der 3. Liga ein Wunschtraum der Stadt und der damaligen Verantwortlichen. Ein Vergleich mit anderen Fußball-Standorten mit neuen Stadien belegt dies. Wenn Vereine zwar neue Stadien haben, aber keine nennenswerten Mehreinnahmen, sind solch hohe Mieten Wettbewerbsnachteile im sportlichen Vergleich. Insofern war das Model neue Multifunktionsarena am Ende ein Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Die aktuelle Situation ist für Stadt und Verein problematisch. Die Stadt verliert mit RWE den einzigen „Ankermieter“ der MFA und wird je nach künftiger Ligazugehörigkeit wenig oder gar keine Miete mehr bekommen. Das Defizit des Eigenbetriebs Multifunktionsarena wird erheblich größer und muss so oder so von der Stadt ausgeglichen werden – siehe Aachen oder andere Standorte mit Stadienproblemen. Für die Regionalliga kann zwischen RWE und der Stadt nur ein neuer Mietvertrag ausgehandelt werden, der den Verein in der Regionalliga „leben lässt“. In der Regionalliga gibt es nur wenige Vereine, die über so ein modernes Stadion verfügen. Aber dafür gibt es viele Vereine die wenig oder keine Miete bezahlen (Beispiel Nordhausen). Auch dies verzerrt den Wettbewerb. Es gibt für RWE keine Ausweichmöglichkeit, weil es in Erfurt keine kleinere regionalligataugliche Spielstätte gibt. Die Stadt muss einen Mindestbetrag als Miete nehmen – darauf wird die  Kommunalaufsicht achten. Und der Mietvertrag muss schnell geklärt werden, weil RWE bei der Beantragung der Lizenz bereits einen Mietvertrag vorlegen muss. Dieser Mietvertrag muss letztlich durch den Stadtrat beschlossen werden. Angesichts von 2.600 Vereinsmitgliedern und zahlreichen erfolgreichen Nachwuchsteams und vielen Kindern und Jugendlichen im Verein hat die Stadt eine besondere Verantwortung, dafür zu sorgen, dass der Traditionsverein und die Nachwuchsarbeit trotz Insolvenz erhalten bleiben. Bisher fehlt es an einer koordinierenden Stelle innerhalb der Stadtspitze an der die Arbeit der über 200 Sportvereine mit 35.000 Mitgliedern fachlich gut begleitet wird. Frau Hoyer wurde vom Oberbürgermeister  zur Sportbeigeordneten erklärt, ohne dass sie fachlich irgendetwas dazu beitragen kann. Es braucht endlich einen Verantwortlichen, der den Dialog mit den Vereinen sucht und Konzepte mit den Sportvereinen und für die Sportstätten entwickelt. Nur das hilft RWE und allen anderen Vereinen.

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