Sensiblen Umgang mit DDR-Symbolen angemahnt

Die Anzeige im Erfurt-Magazin
Inzwischen ist es schon einige Wochen her, dass ich eine Stadtratsanfrage zu einem Thema gestellt hatte, welches eigentlich von vielen Menschen eher banal eingeschätzt wird. Ausgerechnet kurz vor dem 17. Juni war mir in der Magdeburger Allee ein Geschäft aufgefallen, welches mit der DDR-Fahne im Schaufenster um den Ankauf von DDR-Fototechnik warb. Ich habe selbst davon noch ganze Schränke voll (eine komplette Dunkelkammerausrüstung und mehrere Fotoapparate – u.a. meine alte EXA 1b). Insofern gibt es sicher Nostalgiker, die daran ihren Spaß haben. Geärgert habe ich mich dann aber, als eine Werbeanzeige im ähnlichen Design im Erfurt-Magazin erschien. Das Erfurt-Magazin hat einen hohen Verbreitungsgrad und ich schätze es wegen der umfänglichen Terminauflistung. Deshalb war ich über die Art der Anzeige mehr als verwundert. Meine Stadtratsanfrage dazu und die Antwort des Oberbürgermeisters findet sich nachfolgend. Ich bin froh darüber, dass die ETMG das Gespräch mit dem Kunden und seiner Grafikagentur gesucht hat. Es wurde erklärt, dass dies weder politisch motiviert war, noch so fortgesetzt wird. In der nächsten Ausgabe des Erfurt-Magazins wird die Anzeige in einem anderen Design erscheinen. Der Umgang mit DDR-Symbolen ist sicherlich schwierig. viele Menschen identifizieren sich damit. Aber für viele Menschen, insbesondere diejenigen die verfolgt und bevormundet wurden sind dies die Symbole des Unrechtsstaates. Deshalb habe ich dieses Thema aufgegriffen und deshalb erinnern wir immer wieder – am 17. Juni ebenso wie am 13. August an das Unrecht. Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, mit großem Befremden nahm ich die Rückseite der 2018er Juni-Ausgabe des Erfurt-Magazins zur Kenntnis. Für gewöhnlich wird die Rückseite wohl für Werbezwecke genutzt, was per se auch vollkommen legitim und sinnvoll ist. Allerdings prangert auf der Rückseite des Covers der Ährenkranz mit Hammer und Zirkel, also explizite DDR-Staatsinsignien. Diese sind zwar analog zur NS-Symbolik bisher leider nicht verboten, dennoch stehen sie für einen Unrechtsstaat, für Unfreiheit und für zahlreiche tote Menschen. Dass diese Symbolik in dieser verharmlosenden Weise öffentlich inzwischen wieder häufig auftaucht, halte ich für absolut problematisch. Dies wird einem verantwortungsbewussten Umgang mit der Geschichte, insbesondere im Gedenken an die Opfer, nicht gerecht. Auch wenn es sich auf der Rückseite des Erfurt Magazins „nur“ um eine Werbeanzeige Dritter handelt, so stellt es sich äußerst schwierig dar, dass diese Symbolik so repräsentativ auf einer Veröffentlichung der Stadt bzw. der Erfurt Tourismus & Marketing GmbH, die die Stadt hier als Herausgeber vertritt, erscheint. Möglicherweise hätte man hier, jedenfalls wenn man die Geschichte ernst nimmt, auf diese Werbeanzeige einfach verzichten müssen. Ich bitte daher um die Beantwortung der folgenden Fragen:
  1. Ist die Gestaltung der besagten Werbeanzeige mit der DDR-Symbolik rechtlich korrekt?
  2. Wer überprüft solche Anzeigen nach welchen Kriterien und mit welcher historischen Sensibilität?
  3. Heiligt der Zweck in diesem Fall die Mittel, d.h. nimmt die Stadt Erfurt hier die Problematik der Symbolik in Kauf, um Werbeanzeigen zu akquirieren?
  4. Wie schätzen Sie die historische Bedeutung dieser Symbolik und ihrer Tragweite (besonders mit Blick auf die Opfer) ein und welche historische und moralische Verantwortung ergibt sich hieraus für Sie bzw. die Stadt Erfurt?
  5. In welcher Weise wird sich die Landeshauptstadt Erfurt künftig gegen die Verwendung von verharmlosender DDR-Symbolik auf Veröffentlichungen oder gar als Werbeträger im Stadtbild aussprechen (Resolution z.B. am 17. Juni oder am 13. August, Änderung in der Werbesatzung etc.)?
Sehr geehrter Herr Panse, gemäß 22 Abs. 3 Satz 1 ThürKO beschließt der Stadtrat der Stadt Erfurt über die Aufgaben des eigenen Wirkungskreises, soweit die Zuständigkeit hierfür nicht beim Bürgermeister liegt. Bezüglich dieser Angelegenheiten steht dem Stadtrat nach § 22 Abs.3 Satz 4 ThürKO ein Frage- und Auskunftsrecht zu. Folgerichtig führt § 9 Abs. I der Geschäftsordnung für den Stadtrat der Landeshauptstadt Erfurt und seiner Ausschüsse aus, dass nur Anfragen zu Sachverhalten gestellt werden können, welche den eigenen Wirkungskreis betreffen. Auch schließt sich ein Fragerecht bei laufenden Angelegenheiten der Stadt nach § 29 Abs. 2 Nr. 1 ThürKO ebenfalls aus, weil auch hierzu einzig der Oberbürgermeister zuständig ist. Ihre Frage bezieht sich auf eine städtische Gesellschaft, welche als juristische Person eigene Rechtsfähigkeit besitzt und durch ihre Organe, den Aufsichtsrat und die Geschäftsführung, geleitet wird. Der nachgefragte Sachverhalt fällt nicht unter die Fälle nach § 9 der Geschäftsordnung i. v. m. § 26 Abs. 2 ThürKo, in welchen die Zuständigkeit, die der Stadt als Gesellschafterin zukommt, beim Stadtrat liegt. Ein Frage- bzw. Auskunftsrecht nach § 22 Abs. 3 Satz 4ThürKo i. V. m. 9 Abs. 1 Geschäftsordnung besteht nicht. Ich bitte Sie, in der Zukunft solche Fragen direkt an den Aufsichtsrat oder die Geschäftsführung des zuständigen Unternehmens zu richten. In diesem Fall möchte ich Ihnen die Stellungnahme der Geschäftsführerin der ETMG zu Ihren Fragen zur Werbeanzeige auf der Rückseite der Juni-Ausgabe des Erfurt-Magazins dennoch gebündelt zur Kenntnis geben. „Den monatlichen Veranstaltungskalender Erfurt Magazin erstellt die Erfurt Tourismus und Marketing GmbH (ETMG) als Druckbroschüre (mit hoher Auflage) und Online-Kalender (mit hohen Zugriffsraten) in eigener redaktioneller Verantwortung. Die Erfassung der Veranstaltungsdaten, die Redaktion der Texte und letztlich die Gesamtsichtung des Heftes-vor Drucklegung liegen bei der ETMG. Die Finanzierung erfolgt ausschließlich durch Anzeigen. Für die Akquise der Anzeigen und die technische Abwicklung bedient sich die ETMG eines externen Dienstleisters, konkret eines kleinen Erfurter Verlages. Durch die langjährige Zusammenarbeit der ETMG mit dem Verlag und dem Wissen um die ETMG als städtische Gesellschaft geht der Vertag mit einer hohen Sensibilität in der Anzeigenakquise vor. Grundsätzlich steht der Wunsch der ETMG im Vordergrund, die Leser über möglichst viele Veranstaltungen umfassend zu informieren und darüber hinaus Informationen zu vermitteln, die für die Leserschaft von Interesse sein können. Da das Heft als monatliches Medium mit großer Verteilung sehr beliebt ist, werden dem Vertag immer wieder auch Anzeigen angeboten, die nicht zum Inhalt des Erfurt Magazins passen oder auch den Interessen der ETMG bzw. der Stadt nicht zuträglich sind. Diese Anzeigenkunden werden von vornherein nicht akzeptiert. Bei unklarer Sachlage stimmt sich der Verlag mit der ETMG ab. Dieses Abstimmungsverfahren ist eingeübt und funktioniert seit vielen Jahren, ohne das es zu Beschwerden aus dem öffentlichen Raum kam. In diesem konkreten Fall der Anzeige zum Ankauf von Fototechnik auf der 4. Umschlagseite handelt es sich um einen Kunden, der tatsächlich diese Fototechnik ankauft und diese Anzeige von einer Jenaer Graphikagentur erstellen ließ. Dieser Technikankauf wird ebenso auf den Veranstaltungskalendern in Jena und anderen Städten beworben. Die Anzeige und insbesondere die großformatige Schrift sind ausschließlich auf den Ankauf dieser Fototechnik aus DDR-Produktion ausgerichtet. Intension und Aussage der Anzeige sind in keiner Weise politisch motiviert. Die DDR-Symbolik wurde von der Jenaer Agentur als Gestattungsmitte[ eingesetzt. In diesem Zusammenhang haben sowohl der Verlag, als auch die ETMG diese Anzeige im Grunde als unproblematisch angesehen. Der Anzeigenvertrag läuft für ein ganzes Jahr und ist für die Finanzierung des monatlichen Veranstaltungskalenders sehr wichtig. Ihre Anfrage wurde jedoch zum Anlass genommen, mit dem Kunden und dessen Graphikagentur den Sachverhalt zu beraten. Es wurde sofort reagiert. lm Juli-Heft des Erfurt-Magazins wird diese Anzeige nicht erscheinen und ab August wird der Ankauf der Fototechnik in einem neuen Layout beworben. In diesem werden keine DDR-Symbole mehr auftauchen. Auch diese sehr schnelle Umarbeitung der Anzeige belegt, dass es dem Kunden nicht um politische Aussagen ging, sondern lediglich darum, deutlich zu machen, aus welchem Produktionszeitraum er Fototechnik ankaufen möchte. Für die Zukunft wird die ETMG ihre hohe Sorgfalt im Umgang mit den Anzeigen noch weiter erhöhen.“

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