Bruch mit der „geübten Praxis“

Finanzen in Erfurt? Mangelverwaltung!
Finanzen in Erfurt? Mangelverwaltung!
Eigentlich ist es eine „geübte Praxis“, dass zur Einbringung des Haushalts in den Erfurter Stadtrat nur die Finanzbeigeordnete zur Begründung redet und der Entwurf ohne weitere Aussprache in die Ausschüsse zur Beratung verwiesen wird. Erst zur Abschlussberatung findet der „Schlagabtausch“ der Stadtratsfraktionen statt. Wenn es nach Rot-Rot-Grün gegangen wäre, hätte sich daran auch in diesem Jahr nichts geändert. Beim Hauptausschuss am Dienstag, haben die Kollegen Fraktionsvorsitzenden mich bedrängt, den HH-Entwurf 2016 geräuschlos passieren zu lassen, um Zeit zu sparen. Ich habe ihnen den Gefallen nicht getan und selbstverständlich nach der Finanzbeigeordneten für unsere CDU-Stadtratsfraktion zum Haushalt gesprochen. Die „geübte Praxis“ gilt in Erfurt nicht mehr und dies generell wenn es um den Haushalt geht. Geübte Praxis wäre es ja auch, dass der Haushaltsentwurf pünktlich zum Jahresbeginn vorgelegt, diskutiert und beschlossen wäre. Jetzt ist zum Zeitpunkt der Einbringung schon September. Geübte Praxis wäre es auch, dass es eine Rücklage gäbe, die gibt es aber in Erfurt schon seit 2012 nicht mehr. Geübte Praxis wäre es aber vor allem, dass der Haushalt erst in den Stadtrat eingebracht und danach in den Ausschüssen diskutiert wird. In diesem Jahr ist die Beratung der Ausschüsse jetzt schon beendet und die Öffentlichkeit praktisch vom Haushalt ausgeschlossen. Die Finanzbeigeordnete hat in jedem Jahr bei ihrer Einbringungsrede und im Vorbericht des Haushalts in zunehmend dramatischen Formulierungen vor dem jetzigen Haushaltsdesaster gewarnt. Leider ist sie damit auf einen weitgehend beratungsresistenten Stadtrat gestoßen. Die Kollegen von Rot-Rot-Grün haben in jedem Jahr munter Geld ausgegeben, als ob es kein nächstes Jahr mehr gäbe. Sowohl die Haushalte 2014 als auch 2015 endeten daher mit einem millionenschweren Defizit. Und in diesem Jahr gibt es nun schon über acht Monate eine vorläufige Haushaltsführung. Dies ist der Grund dafür, dass die Stadt Erfurt ein Haushaltssicherungskonzept (HSK) aufstellen, beschließen und umsetzen muss. Mit der gleichzeitigen Einbringung des Haushalts und des Haushaltssicherungskonzeptes wird der kommunalrechtlich vorgegebene Zusammenhang aber nur zum Schein hergestellt. Der Oberbürgermeister beabsichtigt den Haushalt in zwei Wochen, am 21. September beschließen zu lassen, das HSK aber erst im November. Dies ist nach Auffassung der CDU-Stadtratsfraktion rechtswidrig, denn die Kommunalaufsicht kann den Haushalt nur beurteilen und genehmigen, wenn das beschlossene HSK mit vorgelegt wird. Insofern gehen wir davon aus, dass der Haushalt keinesfalls im Oktober genehmigt werden kann. Der Grund für dieses Getrickse des Oberbürgermeisters liegt auf der Hand. Während er für den Haushalt wohl mit einer Mehrheit von Rot-Rot-Grün rechnet – es ist ja sowieso nur die Fortschreibung der vorläufigen Haushaltsführung, kann er sich beim Haushaltssicherungskonzept nicht so sicher sein. Die vielen vorgeschlagenen Maßnahmen mit insgesamt 136 Millionen Einsparungen treffen den rot-rot-grünen Nerv. Beim Geld ausgeben sind die Kollegen immer gerne dabei, beim Einsammeln dann nicht mehr. Tabuthemen wurden schon aufgemacht und es ist höchst unwahrscheinlich, dass das Haushaltssicherungskonzept so beschlossen wird. Falls dies aber nicht geschieht verschlimmert sich die Finanzsituation der Stadt noch mehr – bis das Kartenhaus in sich zusammen fällt. Festhalten können wir aber bereits jetzt: Der Oberbürgermeister hat Sparvorschläge zum Haushaltssicherungskonzept genau dort eingebracht, wo sie wissen, dass diese nicht umgesetzt werden können. Zum Beispiel soll das Budget der Fraktionen um die Hälfte gekürzt werden, damit wären die Geschäftsstellen nicht mehr arbeitsfähig. Ein weiteres Beispiel ist die Erhöhung der Kitagebühren, welche zu Lasten der jungen Familien geht. 732 Millionen Euro umfasst der Haushalt 2016 – dies sind rund 70 Millionen Euro mehr, als im Vorjahr. Mehr Steuereinnahmen (die Erhöhung der Grundsteuer und Gewerbesteuer) und mehr Landeszuweisungen für Flüchtlinge lassen die Einnahmen auf Höchststände steigen. Aber die Ausgaben steigen bei Rot-Rot-Grün grundsätzlich noch schneller. Die angemeldeten Mehrbedarfe lagen noch mit 50 Millionen Euro drüber und dabei sind notwendige Investitionen, der Aufbau der Rücklage oder der Schuldenabbau noch gar nicht kalkuliert. 297 Millionen Euro für soziale Leistungen und 168 Millionen Euro für die über 3.300 kommunalen Bediensteten sind die größten Bereiche. Das Haushaltssicherungskonzept wird genau da ansetzen müssen, ansonsten wird die Stadt keine Gestaltungsmöglichkeiten zurück gewinnen. Bis letzte Woche lief die Frist für Haushaltsänderungsanträge. Außer der Fraktion FFP und den Ortsteilen hat keine Fraktion termingerecht etwas eingereicht. Rot-Rot-Grün zankt sich noch um Einzeltitel. Die CDU hat keine Anträge eingereicht, weil wir den Haushalt in Gänze für rechtswidrig halten. Er ist geprägt von Schein- und Luftbuchungen und nicht andeutungsweise „rund“. Wir gehen davon aus, dass er erneut im Minus abschließen wird. Deshalb müsste jede gefundene Reserve eigentlich in eine Rücklage gepackt werden. Indes – es gibt keine realistisch verwertbaren Reserven! Die Suche danach ist wie die Suche nach Brot im Hundestall. Zu den Anträgen und dem Haushalt werden wir uns am 21. September wieder sprechen – in „geübter Praxis“ bei der Abschlussberatung zum Haushalt. Dann werden wir noch einmal mit dem Oberbürgermeister und seiner rot-rot-grünen Koalition abrechnen! Rede zur Haushaltseinbringung am 7.9.2016  

Vor-Vor-Vor-Beratung zum Haushalt

Stadtratssitzung 25.5.2016
Stadtratssitzung 25.5.2016
Jetzt ist es Ende Mai und ein Haushaltsentwurf ist in Erfurt weit und breit nicht in Sicht. Vor einem Jahr waren wir zu diesem Zeitpunkt gerade auf der Zielgerade der Haushaltsberatungen und auch da gab es bereits berechtigte Kritik für die halbjährige Verspätung. Offensichtlich wird das Thema aber nun selbst der sonst eher lethargischen Koalitionsgemeinschaft von Rot-Rot-Grün unangenehm. Regelmäßige Demonstrationen gegen die Haushalt- und Finanzpolitik der links-link-grünen Gemeinschaft und des Oberbürgermeisters zerren an den Nerven. Aber muss deutlich gesagt werden, Rot-Rot-Grün und der Oberbürgermeister haben dies verursacht und bereits ein halbes Jahr verschenkt. Sie hätten im November 2015 dem Antrag der CDU-Stadtratsfraktion zustimmen können, als wir die fristgemäße Vorlage eines Haushaltsentwurfs einforderten und auf drohende Konsequenzen der vorläufigen Haushaltsführung hinwiesen. Die Kolleginnen und Kollegen steckten aber den Kopf in den Sand, hielten sich Augen und Ohren zu und vertrauten stattdessen der Ankündigungsrethorik des Oberbürgermeisters. Der nun heute vorgelegte Antrag ist bestenfalls „schmückendes Beiwerk“. Dies erklären aber nicht nur wir als Opposition, dies erklärt auch der Stadtratskollege Andre Blechschmidt von den Linken. Schmückendes Beiwerk? Für was denn? Es gibt gar nichts. Es gibt keinen Fahrplan, kein Konzept und schon gar keinen Haushaltsentwurf. Dabei gibt die Thüringer Kommunalordnung die Antwort auf die Frage, wer dafür zuständig ist. Also wer legt wem was wann vor? Es ist der Oberbürgermeister! Es ist sein Job, er ist Chef der Verwaltung. Er ist auch derjenige, der das Thema vor vier Monaten zur Chefsache erklärt hat. Er hat dabei versagt! Wir beraten in der heutigen Stadtratssitzung drei Themen gemeinsam:
  1. Den Antrag der CDU – darin fordern wir, dass Fakten auf den Tisch gelegt werden
  2. Die Information über die Fortschreibung der vorläufigen Haushaltsführung des Oberbürgermeisters
  3. Das vermeintlich schmückende Beiwerk von Rot-Rot-Grün
Dabei ist die Verwaltungsinformation zur vorläufigen Haushaltsführung das einzige Papier mit nennenswerten Zahlen. Allerdings ist auch dies für Rot-Rot-Grün nur von Interesse bezüglich des Sozialtickets. Seit Monaten sorgt das Sozialticket für Aufregung bei den Linken und wird zum Hauptkampfthema erklärt. Die Diskussion kommt dann schnell an den Punkt, an dem die Linken mit dem Ende der Koalition drohen und der Oberbürgermeister einknickt. In den Medien war aktuell zu lesen, dass nach seiner Meinung an der aktuellen Streichung des Sozialtickets die Finanzbeigeordnete Schuld sei. Die ist nicht nur fachlich falsch, weil der Oberbürgermeister die Verantwortung trägt – es ist seine DBOB-Vorlage. Sie ist auch in höchstem Maße unanständig! Sich feige und verantwortungslos beiseite zu stellen ist nach Auffassung der CDU-Fraktion eines Oberbürgermeisters unwürdig! Mit der vorläufigen Haushaltsführung werden Kürzungen fortgeschrieben bzw. verstärkt. Rund 2,7 Millionen sollen bis zum Jahresende damit gespart werden und dies vor allem zu Lasten Dritter, weil deren Zuschüsse weiter gekürzt werden. In den ersten Monaten gab es aber durch die vorläufige Haushaltsführung noch keine nennenswerten Effekte. In der Antwort auf den CDU-Antrag weist die Verwaltung darauf hin, dass sie meilenweit von einem ausgeglichenen HH entfernt sein. Was sind nun die Ursachen dafür? Erstaunlicherweise erklärt jetzt endlich der Oberbürgermeister das, was seine Beigeordnete seit Jahren predigt. Die Personal- und Sozialausgaben laufen aus dem Ruder! Darüber hinaus strotzt allerdings die Stellungnahme des OB auf den CDU-Antrag vor Unkenntnis und Ignoranz. Wenn dies tatsächlich sein Wissensstand zum Thema Finanzen ist, kann einem Angst und Bange werden um die Landeshauptstadt! Der Antrag von Rot-Rot-Grün klingt in seinem ersten Punkt noch ganz nett und zustimmungsfähig. Er suggeriert, sie würden das Heft des Handelns in die Hand nehmen. Leider tun sie es nicht. Das Papier ist beim genauen Lesen eine schallende Ohrfeige für den Oberbürgermeister. Tut er denn nicht das was Rot-Rot-Grün von ihm fordert? Als OB nicht und auch nicht als SPD Landesvorsitzender? Er soll „Planungsaktivitäten auf die Erstellung eines Haushaltsentwurfs konzentrieren“ mahnt ihn sein Koalitionsbündnis… Der Antrag ist aber auch eine schallende Ohrfeige für die sechs Stadträte von Rot-Rot-Grün, die zugleich Landtagsabgeordnete sind, denn auch sie scheinen das nicht zu tun, was von ihnen gefordert ist. Sie sollen für eine „auskömmliche Finanzierung der Kommunen“ sorgen. Gemeinsam mit dem Ex-Stadtrat und jetzigen Innenminister Poppenhäger haben sie den Doppelhaushalt 2016/2017 einschließlich des Kommunalen Finanzausgleichs (KFA) beschlossen. Für uns ist zu dem Antrag festzustellen, dass er den 2. vor dem 1. Schritt versucht. Wir brauchen erst einmal einen Haushaltsentwurf, bevor wir etwas beschließen können. Rot-Rot-Grün zeigt mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf vermeintlich Schuldige – den Bund und das Land. Das Land sind sie selber und erkennen nicht, dass der ausgestreckte Finger zwar auf andere zeigt, aber drei Finger der gleichen Hand auf sie selbst. Sie haben gemeinsam mit dem OB die Haushalte der letzten Jahre beschlossen und in den letzten beiden Jahren mit Millionendefizite abgeschlossen. Die Finanzbeigeordnete Frau Pablich hat dazu eindringliche Appelle an den Finanzausschuss und den Stadtrat gerichtet. Der Oberbürgermeister hat dies öffentlich noch nicht getan. Dem Vernehmen nach scheiterte er bereits in seiner eigenen Fraktion, als er es bei einer Klausurtagung versuchte. Nach heftigem Gegenwind rollte er sich wieder zusammen. Der Oberbürgermeister weiß allerdings recht gut wo die Säge klemmt. Die Personalausgaben der Stadt stiegen auch im laufenden Jahr wieder – von 164 Millionen Euro auf 168 Millionen Euro. Im Jahr 2006, dem Jahr seines Amtsantritts, waren es noch 117 Millionen Euro. 60 neue unbefristete Personalstellen wurden allein in diesem Jahr geschaffen. Die Sozialausgaben stiegen zwischenzeitlich auf 185 Millionen Euro. Beides zusammen sind die Kostentreiber im städtischen Haushalt. Ein Personalentwicklungskonzept gibt es bis heute nicht und auch über das Haushaltssicherungskonzept ist noch nichts bekannt. Die CDU fordert daher den Oberbürgermeister nachdrücklich auf, die Finanzen zur wirklichen Chefsache zu machen. Sein erster Versuch zu Beginn des Jahres scheiterte bei den Gesprächen mit seinen Beigeordneten und Amtsleitern. Wir fordern ihn eindringlich auf einen HH-Entwurf zeitnah vorzulegen und mit den Stadträten, Fachausschüssen und den Bürgerinnen und Bürgern zu diskutieren. Rot-Rot-Grün will bis 2019 die Haushalte gemeinsam beschließen. Wenn ihnen die Kraft dazu fehlt, sollten sie die Konsequenzen für ihr fragiles Koalitionsbauwerk ziehen!