Erfurter Stadtratssitzung vom Oberbürgermeister abgesagt

Die Geschäftsordnung des Erfurter Stadtrates
Eine ordnungsgemäße Tagesordnung aufstellen kann er also auch nicht – oder aber er wollte es dieses Mal nicht! Zum ersten Mal, solange ich im Erfurter Stadtrat bin, wurde heute eine Stadtratssitzung am Tag vor der angesetzten Beratung vom Oberbürgermeister abgesagt. Danach sah es bei unserer gestrigen Fraktionssitzung noch nicht aus. Wie immer sind wir gestern Abend die Tagesordnung durchgegangen, haben besprochen, welchen Anträgen wir zustimmen, welche wir ablehnen und ob wir Änderungsanträge einbringen. Ein Tagesordnungspunkt fehlte aber auf den Einladungen zur Stadtratssitzung und wurde damit Hauptgegenstand einer heftigen Debatte im Hauptausschuss. Letztlich war es der Stein des Anstosses zur Absage der Stadtratssitzung. Der Hauptausschuss, bestehend aus den Fraktionsvorsitzenden, dem Oberbürgermeister und den Fraktionsgeschäftsführern, berät normalerweise vor der Stadtratssitzung über den Sitzungsablauf und noch offene grundsätzliche Fragen. In der Hauptausschusssitzung heute Abend habe ich, wie in unserer Fraktionssitzung besprochen, beim Oberbürgermeister nachgefragt, aus welchem Grund unserem Antrag vom 6. Januar 2014 den Tagesordnungspunkt „Wahl einer/s Ehrenamtlichen Beigeordneten“ auf die Tagesordnung des Stadtrates, am 29. Januar 2014 zu setzen, nicht entsprochen wurde. Eine klare Antwort habe ich leider dazu nicht erhalten. Gemäß Geschäftsordnung des Erfurter Stadtrates § 4 (2) ist der Oberbürgermeister aber dazu verpflichtet, in die Tagesordnung „Angelegenheiten aufzunehmen, die dem Oberbürgermeister schriftlich bis spätesten 14 Tage vor der Sitzung vorgelegt werden“. Weiter steht im § 4 (4) Satz 3 „Das Recht eine Angelegenheit von der Tagesordnung der Sitzung des Stadtrates zurückzustellen, oder zurückzuziehen, obliegt ausschließlich dem Antragsteller.“. Darüber hinaus habe  ich darum gebeten, mir bis morgen Vormittag eine rechtliche Würdigung vorzulegen, ob unter diesen Umständen, die morgige Ratssitzung gem. § 5 der Geschäftsordnung ordnungsgemäß geladen wurde. Nach umfänglicher Diskussion hat der Oberbürgermeister entschieden, die morgige Stadtratssitzung abzusagen. Dieser Vorgang ist einmalig in der Geschichte des Erfurter Stadtrates. Es bleibt festzuhalten, dass die Absage der Stadtratssitzung auf Grund des fehlerhaften Verhaltens des Oberbürgermeisters allein durch ihn entstanden ist und folglich auch ausschließlich von ihm persönlich zu verantworten ist. Die Behauptung von Andreas Bausewein, es handele sich dabei lediglich um ein Versehen, ist wenig glaubhaft. Seit vielen Wochen wusste Bausewein davon, dass die CDU-Stadtratsfraktion auf die Wahl eines ehrenamtlichen Beigeordneten gemäß Hauptsatzung drängt und dazu einen Kandidatenvorschlag gemacht hatte. Offensichtlich konnte sich aber Rot-Rot-Grün nicht auf einen eigenen gemeinsamen Kandidaten verständigen. Verstimmungen innerhalb des rot-rot-grünen Bündnisses, zwei Wochen vor der abschließenden Haushaltsberatung, sollten ganz offensichtlich vermieden werden. Es bleibt der berechtigte Verdacht im Raum, dass hier politisches Kalkül über die Geschäftsordnung und somit das Kommunalrecht gestellt wurde!