Erfurt wächst…

Heute in der TLZ
Heute in der TLZ
Gerade im aktuellen Oberbürgermeister-Wahlkampf wird unser derzeitiger Amtsinhaber Andreas Bausewein nicht müde darauf hinzuweisen, dass immer mehr Menschen in Erfurt leben. Natürlich rechnet er den Umstand, dass Erfurt wächst, seiner „erfolgreichen Politik“ zu. Geflissentlich verschwiegen wird von ihm, dass Erfurt weder auf dieses Wachstum vorbereitet ist (fehlende Kita- und Schulplätze), noch seine Politik der „ruhigen Hand“ irgendetwas damit zu tun hat. Heute wurde in der TLZ die aktuelle Bevölkerungsentwicklung beleuchtet. Die Überschrift „Flüchtlinge zieht es in die Großstädte“ ist zutreffend und hätte es eigentlich verdient gehabt, auch im Text den Ursachen nachzugehen, aber darauf hat die TLZ verzichtet. Es sind die gleichen Ursachen, warum es auch deutsche Familien und insbesondere Alleinerziehende in die Großstädte zieht. Es hat etwas mit Arbeitsmarktperspektiven und Hilfestrukturen zu tun. Insbesondere Arbeitsplätze im Niedriglohnbereich (Beispiel Logistik) entstanden in Erfurt wegen der zentralen Lage aber auch, weil es einen relativ hohen Prozentsatz an Studenten und Hartz4-Empfängern und damit potentiellen Arbeitskräften in Erfurt gibt. Das Angebot an diesen Arbeitsplätzen hat wiederum eine Sogwirkung auf Langzeitarbeitslose im Umland. In letzter Konsequenz ziehen sie dann auch nach Erfurt, allerdings verstärkt diese Wanderungsbewegung innerhalb Thüringen die demografischen Herausforderungen. Die Verknappung an kostengünstigem Wohnraum und die Nachfrage nach sozialem Wohnungsbau in den Städten Erfurt, Jena und Weimar erklären sich hauptsächlich aus diesem Umstand – in anderen Regionen Thüringens stehen hingegen ganze Häuserblöcke leer.. Erfurt hat aktuell rund 211.000 Einwohner. Nach Angaben des Landesamtes für Statistik leben darunter derzeit in Erfurt 13.456 Ausländer. Rund 9.200, zumeist Flüchtlinge und Asylbewerber, sind in den letzten Jahren hinzugekommen. Dies ist die eigentliche Ursache, warum Erfurt wächst und macht zugleich deutlich vor welchen Herausforderungen wir stehen. Nach den aktuellen Zahlen der Bundesarbeitsagentur steigt die Zahl der auf Hartz 4 angewiesenen Menschen, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen. Während es bei Kindern und Jugendlichen in ausländischen Familien innerhalb eines Jahres ein Anstieg von 41 Prozent ist sinkt die Zahl bei inländischen Kindern konstant. Die eigentliche Herausforderung für die Politik – von den Kommunen bis zum Bund – wird es sein zu verhindern, dass hier eine neue und große Gruppe von Langzeitarbeitslosen entsteht. Auch in Erfurt werden davor gerne die Augen verschlossen, wenn wir uns als eine wachsende und attraktive Großstadt feiern.

Welcome in Erfurt

Gutes Gespräch mit Magda Rocio Castellanos Guzman und Jürg Kasper
8.306 Ausländer leben in Erfurt. Dies ist ein, verglichen mit westdeutschen Großstädten, verhältnismäßig kleiner Anteil unter den 205.000 Einwohnern der Landeshauptstadt Erfurt. Innerhalb von Thüringen liegt der Ausländeranteil noch deutlich geringer. Inzwischen wird aber nahezu überall im Freistaat händeringend nach Fachkräften gesucht und dabei werben insbesondere die Städte nicht nur um ausländische Studenten, sondern auch um Arbeitskräfte in vielen Branchen. Einher geht mit dieser Entwicklung der Appell, mehr für eine Willkommenskultur zu tun. Als Ansprechpartner der Landesregierung für Antidiskriminierungsfragen weiß ich, dass wir dafür noch eine ganze Menge tun müssen. In der zu Ende gehenden Woche stand die Lebenssitutation von Ausländern in Erfurt gleich drei Mal bei Gesprächen bei mir im besonderen Fokus. Am Montag hat sich die CDU-Stadtratsfraktion mit der neuen Ausländerbeauftragten Frau Anuschka Abutalebi getroffen und wir haben bei vielen Gesprächsthemen große Übereinstimmung gefunden. Am Vormittag besuchte ich bereits das Welcome Center der Landesregierung zu einem Gespräch mit dem Teamleiter und den Mitarbeiterinnen. Im Welcome Center am Hauptbahnhof werden Ausländer, die nach Erfurt kommen, beraten wie es um Ausbildungs-, Studiums-, und Berufschancen in Thüringen steht. Heute habe ich mich schließlich mit unserem stellvertretenden CDU-Kreisvorsitzenden Jürg Kasper und Frau Castellanos zu einem Gespräch getroffen. Die Rechtsanwältin aus Kolumbien lebt schon einige Zeit in Erfurt und möchte sich für die Belange der Ausländer in Erfurt einsetzen. Jürg Kasper war bis jetzt Vertreter der CDU im Ausländerbeirat. Im Ergebnis unseres guten Gesprächs mit Frau Castellanos sind wir überein gekommen, dass sie uns ab dem Sommer in dem Gremium vertreten soll. Ein regelmäßiger Informationsaustausch sichert die Anbindung der Stadtratsfraktion und ich bin mir sicher, dass wir gemeinsame Aktivitäten auf den Weg bringen werden. Morgen Abend werde ich beim letzten Bundesligaspiel unserer Damen vom SWE Volley-Team viele ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger in der Riethsporthalle begrüßen können. Zum Fußballturnier gegen Rassismus hatte unser Team 30 Freikarten für die Siegermannschaften gestiftet und Herr Paca, Voristzender des Ausländerbeirats wird selbst bei uns zu Gast sein. Zudem werden wieder viele der vietnamesischen Mitbürgerinnen und Mitbürger bei uns in der Halle sein, die häufig zu unseren Heimspielen kommen. Es ist zwar nur ein kleiner Teil, aber gerade im Sport können wir viel für Integration und Willkommenskultur tun.

100. Treffen des Netzwerkes für Integration für Spätaussiedler und Migranten in Erfurt

Zum 100. Mal haben sich heute die Akteure des Netzwerkes für Integration für Spätaussiedler und Migranten in der Landeshauptstadt Erfurt getroffen. 57 Vereine, Verbände und Institutionen sind Mitglieder in dem Netzwerk und sie vertreten gemeinsam die Interessen von derzeit 7.734 Ausländern in Erfurt und darüber hinaus auch der Spätaussiedler. Beate Tröster, die die Geschäftsstelle des Netzwerkes leitet, bringt regelmäßig die Netzwerkpartner zusammen und stellt neue Projekte vor. Der Schwerpunkt der Integrationsbemühungen liegt im Bildungsbereich und in der Beratung der Hilfesuchenden. Bei der heutigen Jubiläumssitzung musste sogar noch zusätzlich Stühle in den Saal getragen werden, weil es erfreulicherweise immer mehr Partner werden. Viele der Akteure kenne ich aus der kommunalpolitischen Arbeit.  Als Generationenbeauftragter des Freistaates Thüringen und als Ansprechpartner für das Thema Antidiskriminierung habe ich mich über die Einladung zu der heutigen Sitzung gefreut und gerne die Chance genutzt über mein Aufgabenfeld zu berichten. In Erfurt stellt sich die Situation etwas anders dar, als in den anderen Regionen Thüringens. Während überall die Einwohnerzahlen sinken, steigen sie in Erfurt. Neben gestiegenen Geburtenzahlen, gibt es auch Zuwanderung, aus Thüringen, aus anderen Bundesländern, aber auch aus dem Ausland. Allein im letzten Jahr sind 963 Ausländer neu hinzu gekommen. Die Willkommensstruktur in der Stadt Erfurt darf sich aber nicht nur auf Hilfe bei der Wohnungssuche und am Arbeitsmarkt beschränken, es geht um echte Integration! Viele Themenvorschläge wurden heute für die weitere Arbeit des Netzwerkes diskutiert. Die Information über gesetzliche Regelungen, die psychologische Versorgung, Dolmetscher, Kita-Plätze, Anerkennung von Abschlüssen und Hilfe bei der Erlernung der deutschen Sprache. Als Generationenbeauftragter bin ich Ansprechpartner für Alt und Jung. Die Fragen des aktiven Alterns betreffen uns alle. Es geht um Beteiligung und Mitmachmöglichkeiten. Älteren Ausländern fällt die durch Sprachbarrieren noch ungleich schwerer und so droht auch ihnen Alterseinsamkeit. Gerne möchte ich in diesem Bereich Hilfeprojekte mit Partnern entwickeln. Das Themenfeld Antidiskriminierung ist insbesondere für Menschen mit Migrationshintergrund ein wichtiges Feld. 21,04 Prozent der Diskriminierungsfälle, die der Bundesantidiskriminierungsstelle seit 2006 gemeldet wurden betreffen Fälle wegen der ethnischen Herkunft. Damit liegt die Prozentzahl knapp hinter Diskriminierung wegen Behinderungen (25,15 Prozent), Geschlecht (21,79 Prozent) und Alter (21,18 Prozent). Informationen zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), aber auch Fortbildung für Multiplikatoren und Sensibilisierung für das Thema werden wir in den nächsten Monaten gemeinsam angehen. Im Erfurter Netzwerk für Integration für Spätaussiedler und Migranten sehe ich da einen wichtigen Partner.  Danke für das bisherige Engagement und viel Erfolg bei der weiteren Arbeit! „Zusammenkunft ist ein Anfang. Zusammenhalt ist ein Fortschritt. Zusammenarbeit ist der Erfolg.“ – dieses Zitat von Henry Ford hatte Beate Tröster als Motto für ihre Dankeskarte an die Netzwerkakteure ausgewählt. Genau so kann man das Ziel der Netzwerkarbeit beschreiben!