Europäischer Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung am 5. Mai

Panse: „Besser Teilhabemöglichkeiten am politischen Geschehen für Menschen mit Behinderungen notwendig“ Der Ansprechpartner der Thüringer Landesregierung für Antidiskriminierung, Michael Panse, hat heute in Erfurt bessere Teilhabemöglichkeiten am politischen Geschehen für Menschen mit Behinderungen gefordert. Michael Panse sagte: „Sonderwahllokale für Menschen mit Behinderungen sollten der Vergangenheit angehören. In Zeiten in denen wir von Inklusion im Bildungswesen sprechen, sollten die vielfach in Schulen eingerichteten Wahllokale barrierefrei erreichbar sein. Dieser Standard muss für alle Wahllokale möglich sein. Ebenso fordere ich den Thüringer Landtag auf, dem Beispiel des Erfurter Stadtrates zu folgen, die Übertragung der Sitzungen im Internet von Gebärdendolmetschern übersetzen zu lassen, um so auch Gehörlosen zu ermöglichen, dem Geschehen zu folgen. Mit solchen und ähnlichen Maßnahmen lassen sich die Teilhabemöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen verbessern und sich die Einstellungen in der Gesellschaft ihnen gegenüber weiter positiv verändern.“ Hintergrund: Zwar wird laut den Ergebnissen des Thüringen-Monitors 2013 von 93 Prozent der Befragten die Auffassung zurückgewiesen, für Menschen mit geistigen und körperlichen Einschränkungen würde in Deutschland „zu viel Aufwand betrieben“, aber die sieben Prozent anderer Auffassung sind dennoch bedenklich. Zumal gleichzeitig immerhin 32 Prozent der sozialdarwinistischen Aussage zustimmen, es gäbe wertvolles und unwertes Leben. Auch das Themenjahr 2013 „Selbstbestimmt dabei. Immer.“ gegen Diskriminierung behinderter und chronisch kranker Menschen der Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat mit seinen Veranstaltungen und Aktionen darauf aufmerksam gemacht, wie oft Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen nach wie vor auf vielfältige gesellschaftliche Barrieren treffen, die ihre vollständige gesellschaftliche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben behindern und sich negativ auf ihre Lebenssituation auswirken.

Gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung

Bündnistagung im Landtag
Seit 1992 gibt es den Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung. In Thüringen gibt es seit vielen Jahren ein Außerparlamentarisches Bündnis für Menschen mit Behinderung, welches sich regelmäßig mehrmals im Jahr mit den Vertretern der Landtagsfraktionen trifft, um für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention zu werben. Bei dem Bündnis bin ich seit 10 Jahren als Gast dabei. früher als sozialpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, jetzt als Ansprechpartner der Landesregierung für Antidiskriminierungsfragen. Wir waren nicht immer einer Meinung, aber der intensive Dialog hat dazu geführt, dass in Thüringen viel erreicht wurde. Die ist auch das Motto der Aktion Mensch für dieses Jahr „Schon viel erreicht – Noch viel mehr vor“. Bei der heutigen Beratung im Thüringer Landtag, gab es eine Menge Kritik daran, dass das von der Landesregierung angekündigte neue Gleichstellungsgesetz immernoch nicht den Landtag erreicht hat. Zwar befindet es sich im ersten Kabinettsdurchlauf, aber vor der Wahl wird es wohl nicht mehr beschlossen. So ist die jetzige Arbeit daran bestenfalls die Arbeitsgrundlage für den Herbst 2014. Als weiteres wurde heute darüber diskutiert, wie die 285 Maßnahmepunkte der UN-Behindertenrechtskonvention umgesetzt werden können. Inklusion ist dabei ein thema, welches uns in Thüringen insbesondere im Bildungsbereich stark beschäftigt. Barrierefreiheit ist ein anderes wichtiges Thema. Über einzelne Beispiele, bei denen Barrierefreiheit selbst bei Neubauten nicht berüchsichtigt wurde, haben wir diskutiert. Das Erfurter Rathaus wurde als Negativbeispiel ebenso benannt, wie das neue Pflaster auf dem Fischmarkt. Der „Klassiker Bahnhof Vieselbach“ kam auch zur Sprache. Millionenschwere Investitionen zum Bahnhofumbau hat die DB dort getätigt, für einen Lift hat das Geld nicht gereicht. Die ist ein fortwährendes Ärgerniss für die Vieselbacher. Am Abend waren wir mit der CDU-Stadtratsfraktion in Vieselbach und haben uns unter anderem mit dem Ortsteilbürgermeister auch den Bahnhof angesehen. Weder Kinderwagen, noch Rollis oder Rollatoren kommen auf den Bahnsteig und die Bahn will erst handeln, wenn mehr als 1.000 Fahrgäste täglich gezählt werden. Am Rande der heutigen Bündnistagung wurde der Sprecher des Bündnisses Jürgen Pfeffer von der Ehrenamtsstiftung für sein Engagement geehrt. Herzlichen Glückwunsch und weiterhin viel Kraft, als unruhiger Geist und Interessenvertreter der behinderten Menschen in Thüringen! Egal in welcher Funktion, werde ich gerne auch in Zukunft mitwirken. Zum heutigen Protesttag habe ich darauf hingewiesen, dass auch bei der Teilhabe von Menschen mit Behinderung am politischen Geschehen Verbesserungsbedarf besteht.

Zustimmung und Bedenken am Thüringer Maßnahmeplan zur Umsetzung der UN-Konvention geäußert

masnahmeplan-2Am Freitag letzter Woche fand im Thüringer Landtag in Erfurt die Präsentation des Thüringer Maßnahmeplans zur Umsetzung der UN -Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung statt. Das Podium bestand aus der Ministerin des Thüringer Ministeriums für Soziales, Familie und Gesundheit, Heike Taubert sowie dem Beauftragten für Menschen mit Behinderung, Dr. Paul Brockhausen und den jeweiligen Leitern der verschiedenen Arbeitsgruppen zur Erarbeitung des Maßnahmeplans. Fragen und Anmerkungen äußerten Vertreter aus unterschiedlichen Verbänden, Bildungseinrichtungen und Parteien. Das Ziel der UN-Konvention ist die Chancengleichheit von Menschen mit Behinderung sowie ihre umfassende Teilhabe an der Gesellschaft. Unterzeichnet wurde die UN-Behindertenrechtskonvention durch die Bundesrepublik Deutschland am 30.März 2007 und fand die Zustimmung des Parlaments und des Bundesrates Mitte Dezember 2008. Am 1.Januar 2009 trat sie in Kraft und spricht Menschen mit Behinderung mehr Rechte und damit verbunden auch Pflichten, in allen Bereichen des alltäglichen Lebens, zu. Begrüßt wurden die etwa 150 Personen durch Ina Riehm, Referatsleiterin im Bereich „Behindertenpolitik“ und anschließend hielt Ministerin Heike Taubert die Eingangsrede. Sie sagte, Ziel sei letztlich die Inklusion von Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft. Weiter führte sie aus, dass es nun gelte die Rechte von Menschen mit Behinderung durch- und umzusetzen und dass die Regelungen der UN – Behindertenrechtskonvention weit über bisherige Regelungen hinausgingen. Der erste Schritt der Umsetzung war im Februar 2010 erfolgt, als es galt, Maßnahmen zu entwickeln. Hierfür wurden 9 Arbeitskreise eingerichtet, welche sich mit verschiedenen Themen, wie Bauen, Wohnen, Mobilität oder Gesundheit und Pflege, aber auch mit Themen, wie Schutz der Menschenwürde und Persönlichkeitsrechte sowie die Teilhabe am öffentlichen und politischen Leben auseinandersetzten. Sie lobte den Arbeitsprozess, der mit einer Dauer von zwei Jahren und daraus entstandenen 285 Maßnahmen ein sehr erfolgreicher sei. Auch merkte die Ministerin an, dass dieser Umsetzungsprozess sehr kompakt sei und noch einige Jahre braucht, um ihn vollständig in unsere Gesellschaft integriert zu haben. Weiter führte sie aus, dass in jeder Legislaturperiode eine Überarbeitung des Maßnahmeplans stattfinden soll und noch einiges an Aufklärungs-und Öffentlichkeitarbeit geleistet werden muss. Auch wünscht und erhofft sie sich, dass man die Barriere in den Köpfen vieler  Menschen zu beseitigen versuche, in dem wir alle es schaffen, die Gesellschaft sensibel zu machen und somit Veränderungen und Verbesserungen zu schaffen. Die Vertreter, welche bei der Vorstellung des Maßnahmeplans zu Gast waren, sahen in vieler Hinsicht noch Überarbeitungsbedarf. So bemängelte beispielsweise ein Vertreter im Bereich des Straßenverkehrs, dass es noch zu viele Barrieren und Hindernisse für Menschen mit Behinderung gebe, die es heißt zu beseitigen. Jennifer Schubert vom Bündnis 90/Die Grünen fügte hinzu, andere Gesellschaftsgruppen würden auch von Verbesserungen in diesem Bereich profitieren, wie zum Beispiel Fahrradfahrer oder Eltern mit Kinderwagen. Weiterhin regte der Vorsitzende der Selbsthilfegruppe der Taubblinden in Thüringen an, Kommunikation in Gefängnissen oder psychiatrischen Einrichtungen mit Hilfe der Gebärdensprache zu erleichtern und diese als Fremdsprache an inklusiven Schulen zu unterrichten. Das mit Partnern, welche den Arbeitsgruppen zur Beratung bei der Erstellung des Maßnahmeplans zur Seite standen, in Kontakt geblieben wird, wünscht sich der Landesvorsitzende des Blinden-und Sehbehindertenverband. Weiterhin wäre er sehr dankbar, wenn der Thüringer Maßnahmeplan als Audio-Format zur Verfügung gestellt werden könne, damit auch Menschen mit einer Sehbehinderung die Chance haben, sich die Maßnahmen, welche auch für die Relevanz haben, zu Gemüte zu führen. Gäste aus dem Jenaer Zentrum für selbstbestimmendes Leben merkten an, dass es im Bereich der Sensibilisierung noch einiges zu tun gäbe, was an Einzelbeispielen erkennbar geworden sei. Das Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit bemühe sich, so das Podium, an Maßnahmen in diesem Bereich weiter zu arbeiten. Eine Vertreterin von der Friedrich-Schiller Universität Jena (FSU) teilte in ihren Ausführungen mit, dass die Inklusion im Hochschulbereich noch viel stärker betrieben werden könnte. Als Beispiel nannte sie die medizinische Richtung der Jenaer Universität. Menschen mit Behinderung seien in manchen Fällen medizinisch schlechter versorgt, da Unsicherheit im Umgang mit diesen Menschen herrsche. Jedoch sei der Zugang zu einer Hochschule und der Unterricht für Menschen mit Behinderung extrem erleichtert wurden, sehr zur Freude der Universität. Trotz einiger Zweifel von Vertretern an der Thüringer Politik in Hinsicht auf die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, sprachen viele von ihnen Anerkennung für die erbrachten und natürlicherweise noch nicht abgeschlossenen Leistungen der Politik und auch der Arbeitsgruppen aus. Die Vertreterin der FSU fügte noch hinzu, dass es sehr begrüßt wird die Lehrerausbildung verbessern zu wollen. Auch die Vertreter der Vereinigung der freien gemeinnützigen Kranken- und Pflegeanstalten Deutschlands sprachen ein großes Lob aus. Man sehe die Entwicklung des Maßnahmeplans durchaus positiv, da viele Experten aus verschiedenen Ressorts mitgearbeitet hätten. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass zwischen festgeschriebenen Maßnahmen und der Praxis große Unterschiede liegen. Denn in einem Gesetz können nie alle Einzelfälle Gehör finden. Es ist wichtig die UN-Konvention und den Thüringer Maßnahmeplans als Grundlage für ein gemeinsames Leben in einer Gesellschaft zu sehen, in der es eine Bereicherung ist mit Menschen mit Behinderung zusammen zu leben. Der vorstehende Artikel stammt von Julia Haberzettel. Sie absolviert derzeit ein Praktikum im TMSFG. Der Thüringer Maßnahmeplan im Netz: