Dezernentenwahl per Parteidoktrin?

Ruhe im Rathaus – aber nicht im Umfeld
Besonders ausgeprägt scheint das Vertrauen des rot-rot-grünen Nachwuchses in den Erfurter Oberbürgermeister und die gewählten Stadträte nicht zu sein. Besonders ausgeprägt scheint auch nicht ihre Kenntnis von der Thüringer Kommunalordnung zu sein. Und über ihr politisches Gespür angesichts der derzeitigen Umfragewerte und der im Mai kommenden Jahres bevorstehenden Kommunalwahlen brauchen sich auch niemand Gedanken zu machen – das haben sie nicht. Die Erfurter Lokalpresse transportierte heute die Schlagzeile „Nachwuchs begrüßt Postenverteilung“. In dem Artikel (und offensichtlich auch in einem Brief an ihre Stadträte) fordern Jusos, Linksjugend und Grüne rot-rot-grüne Harmonie bei der Dezernentenwahl im November. Seit dem Frühsommer wird das Thema in Erfurt schon aufgeregt diskutiert und von Harmonie kann derzeit nicht die Rede sein. Drei Beigeordnete müssen im November neu gewählt werden – die parteilose Finanzbeigeordnete Karola Pablich und die Linke Sozialbeigeordnete Tamara Thierbach gehen in den Ruhestand und kandidieren nicht wieder und die grüne Beigeordnete Kathrin Hoyer möchte zwar gerne wieder, ist aber nicht sonderlich erfolgreich und quer durch alle Stadtratsfraktionen auch nicht sonderlich „geliebt“. Ein offenes Geheimnis ist, dass die Grünen Kathrin Hoyer retten wollen und die Linken gleich zwei Beigeordnete möchten. Zur Bewerberauswahl ist allerdings die Thüringer Kommunalordnung klar. Der Oberbürgermeister schreibt die Dezernentenstellen aus (ist inzwischen erfolgt). Jeder, der  sich für geeignet hält, kann sich bewerben. Es wird geprüft ob er/sie die Ausschreibungskriterien erfüllt und der Oberbürgermeister schlägt dem Stadtrat Kandidaten vor. Dann können die Stadträte aus dem Kreis derjenigen die sich beworben haben und die Ausschreibungskriterien erfüllen weitere Kandidaten vorschlagen und es wird gewählt. Das alles ist im Detail im § 32 der Thüringer Kommunalordnung nachlesbar – auch für die Nachwuchspolitiker. Die Mühe haben sich die Junggenossen aber nicht gemacht. Motiviert von einer rot-rot-grünen Kungelrunde in der Sommerpause und getrieben von der Sorge, dass es die grüne Beigeordnete Hoyer „erwischen“ könnte, haben sie beraten. Das Fazit ist bemerkenswert und heute in der Presse nachlesbar. Das Zitat aus dem heutigen Artikel sagt alles über Jusos, Linksjugend und Grüne Jugend: „Denn sie bekennen sich zur Fortsetzung der rot-rot-grünen Koalition und fürchten, dass ein Dezernent, der nicht dem Vorschlag der aus ihrer Sicht „berechtigten“ Partei entspricht, das Ende von Rot-Rot-Grün in Erfurt einläuten könnte.“ Oberbürgermeister Andreas Bausewein hatte zuvor öffentlich geäußert, dass er sich auch einen Kandidaten der CDU vorstellen könne und dies scheint zumindest in großen Teilen der SPD-Stadtratsfraktion mit getragen zu werden. Dies gefällt aber offensichtlich weder dem SPD-Kreisvorsitzenden, noch den sechs rot-rot-grünen Stadträten, die zugleich als Landtagsabgeordnete der dortigen rot-rot-grünen Koalition angehören. Ich jetzt sehr gespannt, wie die erwachsenen Sozialdemokraten auf die Doktrin der Junggenossen reagieren (Zitat: Nach dem Verständnis von Jusos, Linksjugend und Grüner Jugend stünden der Linkspartei zwei Beigeordnete und den Grünen eine Beigeordnetenstelle zu.). Für uns ist absolut klar: wir wollen, dass die beste bzw. der beste Kandidat gewählt wird, weil es um das Wohl der Landeshauptstadt geht. Es bleibt spannend und es wird Zeit, dass gewählt wird, erst im November die Beigeordneten und danach im Mai der Stadtrat!