Podiumsdiskussion „Was ist uns Familie wert?“

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Gemeinsam mit Dr. Oesterheld, Antje Tillmann und Dr. Herzberg
Das ist zweifellos eine der wichtigen Fragen, die die Politik in den nächsten Monaten in Bezug auf das Betreuungsgeld beschäftigen wird. Die noch wichtigere Frage ist aber „Was trauen wir Familien zu?“. Der CDU Ortsverband „Am Petersberg“ hat dazu im Haus der Versöhnung im Augustinerkloster mit kompetenten Gesprächspartnern die Diskussion gesucht. Unsere Bundestagsabgeordnete Antje Tillmann erläuterte die Zielstellung des Gesetzes, aber auch die politischen Ziele bei der Debatte zum Betreuungsgeldgesetz. Vornehmlich die Linke und die SPD verfolgen das Ziel, dass Kinder so früh wie möglich in Betreuungseinrichtungen gehen sollen und daher jeder Euro in den Aus- und Aufbau investiert werden muss. Dies ist allerdings ordnungspolitisch eine Aufgabe für Kommunen und Länder. In den letzten Jahren hat der Bund rund drei Milliarden zusätzlich dafür bereitgestellt und es sei daher an der Zeit auch Familien stärker in den Blick zu nehmen und zu fördern, erläuterte Antje Tillmann. Es müsse darum gehen Familien nicht zu bevormunden sondern ihnen Wahlfreiheit zu ermöglichen. Was aber bei der Betreuung und Pflege im Alter gesellschaftlicher Konsens ist, wenn zum Beispiel Pflegegeld bezahlt wird wenn Angehörige zu Hause statt im Heim betreut und gepflegt werden, weckt bei Kindern die zu Hause betreut werden zunehmend Misstrauen. Breiten Raum nimmt daher bei der Diskussion, wie schon vor sechs Jahren in Thüringen beim Landeserziehungsgeld, die Missbrauchsdebatte ein. Den Eltern, vornehmlich aus sozial schwierigem Umfeld oder mit Migrationshintergrund, wird unterstellt, das Geld nicht zum Wohle der Kinder einzusetzen und deshalb müsse der Stadt die Betreuung und Erziehung organisieren. Gegen dieses Bild von Familien wehrte sich Dr. Kurt Herzberg vom Familienbund der Katholiken. Er mahnte die Schließung der Gerechtigkeitslücke an. Über 600 Euro staatliche Subventionen fließen in jeden Kita-Betreuungsplatz und vor diesem Hintergrund seien die vorgesehenen 100 bzw 150 Euro als Betreuungsgeld sogar viel zu niedrig angesetzt. Intensiv setzte er sich mit dem Argument der Betreuungsgeldgegener auseinander, dass nur die frühestmögliche Betreuung in einer Krippe oder Kita bestmögliche Bildung sichere. Bildung setzt Bindung voraus erläuterte Herzberg und diese entstehe durch verlässliche Bezugspersonen in der frühen Kindheit. Dr. Falk Oesterheld, Präses der Synode des Evangelischen Kirchenkreises, erinnerte daran, dass die Diskussion vor 40 Jahren in unserer Gesellschaft genau in die andere Richtung, vornehmlich von den Gewerkschaften geführt wurde. Da war die Zielstellung Eltern mehr Zeit für und mit ihren Familien zu schaffen. Heute fordern gerade Gewerkschaften den unbedingten Vorrang der Berufstätigkeit beider Eltern. Allerdings ist selbst die evangelische Kirche in dieser Frage durchaus in einem Konflikt. Während die EKD gegen das Betreuungsgeld ist haben sich EAF und die Thüringer für das Betreuungsgeld ausgesprochen, wohl auch weil es sich im Freistaat bewährt hat. Wenn es um die Frage geht wo Kleinstkinder am Besten aufgehoben sind, gibt es laut einer aktuellen Emnid-Umfrage immernoch erhebliche Ost-West-Unterschiede. 62 Prozent im Westen glauben bei der Mutter, im Osten sind es 38 Prozent. Hingegen meinen 41 Prozent der Befragten im Osten Kinder seien am Besten in einer Krippe aufgehoben. Mein Eindruck bei vielen Betreuungsgegnern ist, dass sie die gleichen Argumentationsmuster bringen, wie wir sie in Thüringen schon kennen. Fakt ist aber, alle Befürchtungen haben sich nicht bestätigt. Es gab keine Missbrauchsfälle, es wurden keine Kinder in Heerscharren aus den Kitas gelockt, es wurden keine Frauen vom Arbeitsplatz ferngehalten, es gibt keine nachweisbaren Bildungsnachteile für Nicht-Krippen-Kinder und es mussten auch keine Kitas geschlossen werden (dies war 2006 eine der größten Befürchtungen der Kita-Träger). Durch die Zusammensetzung sowohl des Podiums, als auch des Publikums (welches intensiv mitdiskutiert hat) war bei der Veranstaltung viel Zustimmung und wenig Widerspruch zu verzeichnen. In der öffentlichen Diskussion läuft dies derzeit deutlich heftiger ab. Für die CDU steht dabei aber im Mittelpunkt: Wir haben mit guten Begründungen sowohl in unserem Grundsatzprogramm, als auch in zwei Parteitagsbeschlüssen und im Koalitionsvertrag das Betreuungsgeld verankert. Wir wollen, dass Eltern für Kinder und Kinder für Eltern Verantwortung tragen. In der Wahrnehmung dieser Verantwortung müssen Eltern bestärkt und ermutigt werden. Gesellschaftsmodelle oder Familienbilder dürfen Eltern kein schlechtes Gewissen einreden. Es gibt heute nicht mehr die klassischen Erwerbs- oder Ernährermodelle in der Familie. Familie ist vielfältig geworden. Sowohl die Eltern, die sich für Betreuungsmodelle in einer Kita entscheiden, als auch Eltern, die die Betreuung und Erziehung privat organisieren verdienen Wertschätzung, Anerkennung und Förderung.

LBS-Kinderbarometer und Betreuungsgeld

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Die Kinder erklärten, was sie sich wünschen
Beides gab es am heutigen Tag und da bietet sich die Diskussion an, ob das was miteinander zutun hat. Am Nachmittag stellte die Thüringer Sozialministerin Heike Taubert gemeinsam mit Prof. Wassilios E. Fthenakis und Anja Beisenkamp den Länderbericht Thüringen des LBS-Kinderbarometers im Tagungsgebäude der Sparkasse vor. Am Vormittag hatte das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zum Betreuungsgeld beschlossen und die Diskussion dazu prägt dann den Rest des Tages diverse Internetforen. Die Versuchung ist groß, beide Themen miteinander zu verknüpfen und das geschah dann auch. Das LBS-Kinderbarometer hat 533 Kinder in Thüringen im Alter zwischen 9 bis 14 Jahren in einem Fragebogen mit 100 Fragen konfrontiert. Neben der Shell-Jugendstudie ist es damit eines der aussagekräftigsten Belege dafür was Kinder wünschen und brauchen. 20 Prozent der Kinder sind Einzelkinder, 15 Prozent leben bei alleinerziehenden Eltern (13 bei der Mutter 2 beim Vater), von 26 Prozent der Kinder sind die Eltern getrennt lebend oder in Scheidung. 54 Prozent der Kinder fühlen sich gut bis sehr gut, aber 8 Prozent fühlen sich nicht wohl.
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Prof. Wassilios E. Fthenakis
Spaß machen den Kindern am meisten Aktivitäten mit Freunden und Sport – der Computer kommt erfreulicherweise erst an 5. Stelle. Die Kinder wünschen sich mehr Zeit mit ihren Eltern zu verbringen und lehnen gebundene Ganztagsschulangebote mit großer Mehrheit ab. Sie wollen zwar gerne  die Schule für Nachmittagsaktivitäten nutzen, aber nicht für schulische Dinge. Die größten Zukunftsängste haben Kinder vor Arbeitslosigkeit, Armut und Obdachlosigkeit (35 Prozent). Auf Nachfrage betonten die Macher der Studie jedoch, dass dies in keinem Zusammenhang zur wirtschaftlichen Situation der Familie steht und die Werte in Ost und West gleich sind. Der Versuch jedoch das LBS-Kinderbarometer als Argument gegen das Betreuungsgeld heran zuziehen ging gründlich daneben. Wenn Kinder zwischen 9 bis 14 Jahren mehr Zeit mit ihren Eltern verbringen wollen, darf unterstellt werden, dass dies bei jüngeren Kindern und erst recht bei Kleinstkindern auch so ist. Die heutige Forderung der SPD das Geld lieber in Kitas und Ganztagsschulangebote zu stecken geht ebenso fehl. Gebundene Ganztagsschulen werden von Kindern abgelehnt. Viele der Interviews, die ich heute von Linken, Grünen und Sozialdemokraten  gehört habe waren geprägt von einem tiefen Mißtrauen gegenüber Eltern und der Unterstellung, dass frühkindliche Bildung von Eltern nicht umfänglich geleistet werden könne und am besten auch bei Kleinkindern (wir reden beim Betreuungsgeld von 1-2 Jährigen) vom Staat geleistet wird. Wir werden dazu noch heftige Diskussionen haben – ich diskutiere kräftig mit!

Die Betreuungsgeldlüge

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Kita in Erfurt
Morgen werden die Zeitungen voll davon sein! Schon heute kann man es in den diversen Internetforen lesen. In der Emma und im Tagesspiegel wird das geplante Betreuungsgeld schon immer nach Kräften diskreditiert. In der Emma kann man auch jetzt nachlesen wohin dies führe, nämlich zu „Hausfrauen-Subventionierung“ – eine ähnlich geringschätzige Aussage, wie die der „Herdprämie“! Als Beleg für diesen Unfug hält bei Emma, Tagesspiegel und vielen anderen Medien das Thüringer Landeserziehungsgeld her. Von 80 Prozent auf 73 Prozent sei die Betreuungsquote der Kinder mit Einführung des Landeserziehungsgeldes 2006 in Thüringen gesunken. Schon das ist leicht geschwindelt! Fakt ist 2006 wurden 79,5 Prozent der 2-3jährigen Kinder in Kitas betreut, 2007 waren es genau 73,4 Prozent – also bei Emma schon mal sehr grozügig auf- bzw. abgerundet! Weil es politisch nicht ins Emma-Konzept passt verschweigen die „Kita-Expertinnen“ lieber den weiteren Verlauf der Geschichte. 2008 waren es nämlich schon wieder 76,1 Prozent und 2009 schon wieder 79,4 Prozent! Im Jahr 2010 wurde das Landeserziehungsgeld- und das Kita-Gesetz noch einmal geändert. Seitdem wird in Thüringen das Landeserziehungsgeld im Anschluss an das Bundeselterngeld gezahlt. Wenn sich die interessierten Journalisten mit der weiteren Entwicklung beschäftigt hätten, wäre ihnen sogar noch aufgefallen, dass Thüringen heute  (wie in der aktuellen Pressemitteilung des Landesamtes für Statistik nachzulesen ist) die höchsten Quoten in allen Altersklassen hat. Mehr als je zuvor ohne Landeserziehungsgeld und mehr als in jedem anderen Bundesland! In den nächsten Tagen wird die Diskussion um das Bundesbetreuungsgeld sicherlich heftig geführt werden. Ich habe für das Betreuungsgeld und das Landeserziehungsgeld immer geworben. In jeder Diskussion in Thüringen zum Familienfördergesetz, beim CDU-Bundesparteitag in Hannover und auch im vergangenen Jahr, als Grüne, FDP und Linke das Landeserziehungsgeld in Thüringen abschaffen wollten. Auf meiner Homepage finden sich zahlreiche Reden und Pressemitteilungen dazu, warum ich es für unabdingbar für Wahlfreiheit halte. Ich bin auch in Zukunft bereit mich jeder Diskussion dazu zu stellen. Ich bin froh darüber, dass sich die Koalition auf das Betreuungsgeld verständigt hat. Landesamt für Statistik Pressemitteilung zum Landeserziehungsgeld Reden zum Thema Kita-Gesetz

Familienunterstützung angemahnt – Wissenschaftliche Fröbel-Tagung

Gleich mehrere Überraschungen hielt die Tagung des in Gründung befindlichen Fröbel-Instituts für Familien- und Bildungsforschung an der Fachhochschule in Jena bereit. Prof. Opielka hatte Wissenschaftler und Politiker versammelt um mit ihnen und rund 200 Studentinnen und Studenten über bessere Wege zur Familienförderung zu diskutieren. Ich habe gerne an der Tagung teilgenommen und mir dazu einen halben Tag „Urlaub“ von der Reha-Kur in Bad Klosterlausnitz gegönnt. Schließlich ging es um eines der zentralen Themen, die mich in den letzten Jahren beschäftigt haben, das Thüringer Landeserziehungsgeld und die Verknüpfung mit der Familienoffensive.
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Podiumsdiskussion mit ungewöhnlichen Bündnissen
Nach den wissenschaftlichen Vorträgen am Vormittag ging es in Open-Space-Workshops gemeinsam mit den Politikern um fachspezifische Fragen. Ich habe an der Arbeitsgruppe „Das Thüringer Erziehungsgeld – ein Erfolgsmodell?!“ teilgenommen. Mit der neuen Landessprecherin von B90/Die Grünen Madeleine Henfling habe ich leidenschaftlich darüber gestritten, ob nun das Fragezeichen oder das Ausrufezeichen richtig gesetzt ist. Überraschenderweise waren wir in unseren Positionen am Ende der 45 Minuten relativ nah beieinander. In der anschließenden Podiumsdiskussion setzte sich dieser Trend fort. Während Antje Tillmann, MdB (CDU) und Madeleine Henfling und weitestgehend auch Bodo Ramelow, MdL, Fraktionsvorsitzender (Die Linke) für die Wahlfreiheit der Eltern warben, waren sowohl der SPD-Vertreter im Podium, als auch Uwe Barth, MdL, Fraktionsvorsitzender (FDP) für ein verpflichtendes Vorschuljahr und ein Gutscheinmodell statt Landeserziehungs- oder Betreuungsgeld. Prof. Opielka konstatierte daraufhin ungewöhliche Farblehren im Podium Schwarz-Dunkelrot-Grün als „Koalition der Wahlfreiheit“ gegen Rot-Gelb als „Koalition der Reglementierung“! Natürlich ist es am Ende in der Familienpolitik aber nun doch nicht so klar. Bodo Ramelow verwies darauf, dass bei den Linken dazu mehrere Lager diskutieren Christa Müller-Lafontaine vertritt dabei die Linie der direkten Familienunterstützung und Ermutigung, viele andere Linke sind wie die SPD eher dafür, dass der Staat interveniert. Als Fazit der Diskussion wurde deutlich: Familien müssen einbezogen werden, wenn es um erweiterte Betreuungsmodelle geht, Familien brauchen Ermutigung und kein Misstrauen und die finanziell notwendigen Leistungen müssen erhöht werden. Eine deutliche Erhöhung des Erziehungsgeldes bis Hin zur Höhe der tatsächlichen Kita-Kosten (über 400 Euro) mahnte Prof. Opielka auch in den vorgestellten „Jenaer Thesen zur Bezahlung von Elternschaft“ an. Vor allem dürfen aber Eltern nicht diskriminiert werden, egal für welches Betreuungsmodell sie sich entscheiden. Zum Abschluß der Tagung habe wir im Podium gemeinsam die Frage diskutiert „Ist wissenschaftliche Beratung in der Familienpolitik möglich?“. Meine klare Position dazu: Ja, sie ist möglich und dringend notwendig! Die Evaluation der Familienoffensive hat dies überdeutlich gemacht.  Dies funktioniert aber nur wenn rechtzeitig die Themen entweder von der wissenschaftlichen Seite auf die Tagesordnung gebracht werden, oder seitens der Politik das Ergebnis noch nicht vorgegeben ist. Die Tagung war gut und verlangt nach Fortsetzung!