Noch viel zu harmlos…

Lutz Rathenow im Landtag
Lutz Rathenow, Schriftsteller, DDR-Bürgerrechtler und Stasiunterlagenbeauftragter, hielt heute Mittag die Festrede zum 21. Jahrestag der Verabschiedung der Thüringer Verfassung. Vor 24 Jahren konstituierte sich zudem auch der Thüringer Landtag und auch daran wurde erinnert. Die Festveranstaltung fand im Thüringer Landtag statt und war auch geprägt von der aktuellen Diskussion um eine Regierungsbildung bzw. die geplante rot-rot-grüne Koalition. Vertreter aller Fraktionen waren bei der Veranstaltung dabei, ehemalige Abgeordnete, Bürgerrechtler wie Fritz Büchner und Hildigund Neubert sowie unser Alt-Ministerpräsident Prof. Bernhard Vogel. Auch von den Linken waren mehrere Abgeordnete dabei. Während Bodo Ramelow noch freundlich bei vielen Redepassagen nickte, zeigte die zweite linke Reihe schon, was sie von der Unrechtsdiskussion halten. Bei der bemerkenswerten Rede von Lutz Rathenow rührten die Genossen Kuschel und Berninger keine Hand zum Applaus. Ganz offensichtlich hatte er sie mit einigen Passagen seiner Rede an der richtigen Stelle erwischt. Er unterstrich, ebenso wie zuvor schon Landtagspräsident Christian Carius und Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht, dass die DDR zweifellos ein Unrechtsstaat war. Aber er sagte weiter, dass der Begriff nicht nur wegen dem Schießbefehl noch viel zu harmlos und nett sei.  

DDR: Mythos und Wirklichkeit

Ausstellung KAS (1)
Stephan Krawczyk
Fast 22 Jahre nach dem Mauerfall lebt die DDR weiter – zumindest in den Legenden und Mythen sie sich um sie ranken. Eine Ausstellung der Konrad-Adenauer-Stiftung räumt auf mit diesen Mythen und stellt sie der Realität gegenüber. Auf zahlreichen Schautafeln wird dargestellt, wie es mit Bildung-, Sozial- und Umweltpolitik, NVA, Sport und Wirtschaft tatsächlich aussah. In Erfurt wird diese Ausstellung vom 12. bis 21. August in den Räumen der Hauptgeschäftstelle der Sparkasse Mittelthüringen auf dem Fischmarkt zu sehen sein. Heute wurde sie im Besein von zahlreichen Gästen eröffnet. Der Liedermacher Stephan Krawczyk sang zur Eröffnung, Marion Walsmann, Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten, sowie der Zeitzeuge Roma Grafe sprachen zum Thema. Ausstellung KAS (5)Bereits am Mittag wurde im Thüringer Landtag eine Fotoausstellung mit dem Titel „Tatort-Fotos eines Verbrechens in Deutschland. Die Mauer 1961 – 1989. des Journalisten Uwe Gerig eröffnet. Seine Bilder, in der Regel von der Westseite, machen betroffen und dokumentieren, welch verbrecherisches Bauwerk Deutschland Ost und West über 28 Jahre teilte. Beide Ausstellungen sind sehenswert. Ich wünsche den Ausstellungen viele Besucher, insbesonder Schülerinnen und Schüler, die heute in Freiheit aufwachsen können und glücklicherweise die Mauer nicht mehr selbst erleben mussten.

Nazi-Karrieren in der SED

Eine hochinteressante Expertenrunde arbeitet heute und morgen an der Uni die Karrieren von NSDAP-Mitgliedern in der DDR auf. Erste veröffentliche Ergebnisse werfen ein fragwürdiges Licht auf den verordneten Staatsantifaschismus in der DDR. Nach Aussage des Historikers Dietmar Remy hatten allein in Thüringen 36 von 440 SED-Sekretären ein Naziparteibuch. Es darf davon ausgegangen werden, dass die Stasi hiervon nicht nur wußte sondern bewußt die Fäden gesponnen hat.   Wie bei den heutigen Stasiskandalen gab es natürlich viele, die ihre Vergangenheit verschwiegen haben, aber wohl auch viele bei denen wohl ein Auge zugedrückt wurde. Ein zusätzliches Argument, konsequent die Stasigeschichte aufzuarbeiten ist dies allemal. Bis jetzt gingen die Vorwürfe der SED und ihrer Nachfolgepartei stets nur an die Adresse des „Westens“ der schlampig mit der NS-Geschichte umgegangen sei. Um so bemerkenswerter ist, dass Gysi, Lafontaine und Ramelow als SED-Erben nun zum Thema schweigen. Ich bin gespannt auf die zusammengefassten Ergebnisse der Tagung in Jena. Die Naumburger Zeitung berichtet heute bereits zu den ersten Ergebnissen.