Gesicht zeigen – Position beziehen

Selbstverständlich!
Derzeit haben nahezu jede Veranstaltung, jede Diskussionsrunde und auch viele private Gespräche schnell das Thema Flüchtlinge und Asylbewerber. Dies gilt für die Kommunalpolitik, aber auch darüber hinaus. Besonders deutlich war dies heute Abend. In Gesprächen mit albanischen Familien konnte ich viel erfahren, was sie bewegt über ihre Gründe nach Deutschland zu kommen und über ihre Erwartungen. Im Finanzausschuss haben wir heute Abend hingegen eher den kommunalpolitischen Handlungsrahmen diskutiert. Neue Objekte, die zu Unterbringung genutzt werden sollen diskutiert und über die nicht unbeträchtlichen Kosten diskutiert. Auf dem Weg vom Rathaus zum Andreasturm bin ich bei der Demonstration auf dem Domplatz vorbei gekommen. Neben der gespenstischen Stimmung – der Dom war erfreulicherweise wieder nicht beleuchtet, stattdessen standen Scheinwerferbatterien auf dem Domplatz – erschreckt der Ton. Ich habe nur wenige Sätze mitbekommen, aber was ich gehört habe war Demagogie. Bei unserer Ortsverbandsversammlung haben wir sehr intensiv über das Thema diskutiert. Erstaunlich großes Interesse auf der einen Seite und viel Gesprächsbedarf auf allen Seite. Die Erfurter CDU war bei unserem Treffen gut vertreten. Die Bundestagsabgeordnete, die Kreisvorsitzende und alle drei Stellvertreter, Stadträte und Vereinigungsvorsitzende. Wir wollen mit den Menschen ins Gespräch kommen. Die CDU Erfurt wird aber dazu nicht zu Demonstrationen oder Gegendemonstrationen aufrufen. Dort stehen sich Menschen emotionsgeladen gegenüber – manche schreien sich an. Ich habe Null Verständnis für die Aufrufe und Textbeiträge auf den AfD-Demos, aber ich muss auch akzeptieren, dass wir das Demonstrationsrecht 1989 erstritten haben und jeder seine Meinung sagen darf, auch wenn mi diese nicht gefällt. Gesicht zeigen und Position beziehen tun wir anderes. Die Fotoaktion, von unserer Bundestagsabgeordneten initiiert, findet viele Unterstützer und gute Resonanz in den sozialen Netzwerken. Die vielen Gespräche mit den Bürgerinnen und Bürgern ersetzt sie natürlich nicht.

Ein viertel Jahrhundert…

Helmut Kohl auf dem Domplatz (Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-1990-0220-033 / Hirndorf, Heinz / CC-BY-SA)
Heute ist es genau 25 Jahre her. Am 20. Februar 1990 war der Erfurter Domplatz voller Menschen. Offizielle Schätzungen sprechen von 100.000 bis 150.000 Menschen, die gekommen waren, um den Bundeskanzler der Bundesrepublik zu sehen und zu hören. Im Rahmen des Wahlkampfes zur ersten freien und zugleich letzten Volkskammerwahl war Helmut Kohl gekommen, um die Allianz für Deutschland zu unterstützen. Ich war zu diesem Zeitpunkt 23 Jahre alt, mein erster Sohn gerade erst einen Monat. Ich war Mitglied beim Demokratischen Aufbruch und stand mitten unter den vielen Menschen. Auch wenn dies inzwischen ein viertel Jahrhundert her ist, hat dieser Tag mich politisch sehr beeinflusst und geprägt. Eine Videokassette von dieser Veranstaltung am 20.2.1990 habe ich von einem Freund bekommen und die Bilder häufig abgespielt. Helmut Kohl habe ich an diesem Tag das erste Mal live gesehen und als er sich den Weg durch die Menschen bahnte, konnte ich ihm, wie hunderte Erfurterinnen und Erfurter, die Hand schütteln. Bei dieser Veranstaltung hat Helmut Kohl davon gesprochen wo die Entwicklung hingehen kann und hingehen soll. Das berühmte Zitat der „blühenden Landschaften“ ist dort gefallen und die Menschen haben ihm zugejubelt, wie ich es danach nie wieder bei einer politischen Veranstaltung erlebt habe. Die Videokassette hat noch mehrmals für mich eine Rolle gespielt. 1994 hat ein Fernsehteam des Bayerischen Rundfunks eine Dokumentation über die Jugendorganisationen der Parteien und Politikverdrossenheit gedreht. In einer der Szenen übergebe ich Helmut Kohl auf dem Domplatz eine Kopie des Videos von 1990. Als Wahlkampforganisator und damaliger JU Vorsitzender durfte ich bei der anschließenden Kundgebung mit auf der Tribüne stehen und habe in einem Interview erklärt, was mich in der Wendezeit bewegt und politisiert hat. 16 Jahre später, zum 20jährigen Jubiläum der Großveranstaltung auf dem Domplatz, hat das Deutschlandradio Kultur einen längeren Beitrag unter dem Titel „Es geschah…in Erfurt“ produziert. Mit Wolfgang Musigmann, Michael Siegel und Manfred Boettger habe ich als „Zeitzeuge“ das Video kommentiert und wir haben über unsere Entwicklung nach der Wende gesprochen. Heute, noch einmal fünf Jahre später, denke ich gerne an die 25 Jahre zurück. Ich bin dankbar dafür, über die Hälfte meines Lebens nun schon in Freiheit leben zu können. Ich bin dankbar dafür, dass meine drei Söhne Zukunftschancen haben wie keine Generation zuvor. Und ich bin dankbar für die „blühenden Landschaften“ die ganz zweifellos entstanden sind. Helmut Kohl hat am 20. Februar wörtlich auf dem Domplatz gesagt:

„Sie sind genauso verlässlich, genauso intelligent, genauso einsatzbereit wie die Menschen in der Bundesrepublik. Und ich bin sicher: wenn sie mit einer harten D-Mark eine Ware kaufen können, die sie wollen, wenn sie frei über ihr Leben entscheiden können, wenn sie ihr persönliches Glück finden können, wie sie es wollen, dann wird auch dies Land der DDR, dann wird dieses Thüringen, diese alte Stadt Erfurt, genau wie alle anderen Städte der Bundesrepublik Deutschland ein blühendes Gemeinwesen werden.“

Beitrag im Deutschlandradio Kultur:

http://www.deutschlandradiokultur.de/es-geschah-in-erfurt.1001.de.html?dram:article_id=156993

Thema Bildung vor und im Landtag

Landtagssitzung (3)
DEMOkratie vor dem Landtag
Bei der heutigen Landtagssitzung ging es um Bildung, sowohl vor dem Plenarsaal, als auch darin. Das Thüringer Schulgesetz stand ebenso wie das Erwachsenenbildungsgesetz auf der Tagesordnung und besonders umstritten war das Gesetz zur Finanzierung der Schulen in Freier Trägerschaft. Gegen die in diesem Gesetz vorgesehene Kürzung der staatlichen Zuschüsse formierte sich im und vor dem Parlament der Wiederstand. Im Parlament der übliche Schlagabtausch. Während man der FDP und den Grünen ihr Engagement für die Schulen in freier Trägerschaft noch abnehmen kann wirkt es bei den Linken wie Opposition um jeden Preis. Die rund 160 Schulen in freier Trägerschaft sind in Thüringen erst nach der Wende entstanden. In den letzten zwanzig Jahren waren dies für die Linken alles Eliteschulen oder weil in kirchlicher Trägerschaft besonders suspekt. Vor zwei Jahren noch wollten die Linken flächendeckend Förderschulen abschaffen (die meisten sind in freier Trägerschaft). Insofern ist das Engagement der Linken jetzt durchaus kritisch zu hinterfragen. Während der Debatte zum Thema waren passenderweise auch die Mehrzahl der Linken Abgeordneten bei der Demo vor dem Landtag, statt an ihrem Arbeitsplatz. Landtagssitzung (7)In Thüringen gibt es derzeit 910 allgemeinbildende Schulen, davon 467 Grundschulen. Hinzu kommen116 berufbildende Schulen und 13 Hochschulen. 15 Prozent der Schulen sind in freier Trägerschaft und 10 Prozent der Schüler Thüringens besuchen eine solche Schule. Für diese derzeit rund 23.000 Schüler wurden vor einigen Jahren mit der Kienbaum-Studie die tatsächlichen Schülerkosten ermittelt. Derzeit erhalten die Schulen 85 Prozent der Kosten erstattet, der Rest sind Eigenmittel oder Elternbeiträge, dieser Betrag liegt derzeit Budnesweit an der Spitze. Künftig sollen nur noch 80 Prozent erstattet werden und somit das deutsche Durchschnittsniveau zum Maßstab gemacht werden. Ich bin da sehr skeptisch. Zu Recht sind wir auf unsere Bildungserfolge stolz, wir investieren gerade erhebliche Summen in den frühkindlichen Bildungsbereich. Dies wird auch unser Potential in den nächsten Jahren sein und bei künftigen Pisa-Tests möglicherweise Auswirkungen haben. Landtagssitzung (10)Ich habe deshalb viel Verständnis für die vor dem Landtag demonstrierenden Eltern, Schüler und Lehrer. Nach der Abschaffung der Bannmeile und dank des gläsernem Baus des Landtagsgebäudes konnten sie ihren Unmut direkt an die Adresse der Abgeordneten transportieren. Ich bin gespannt, wie die Diskussion zur Gesetzesänderung im Bildungsausschuß ausgehen wird. In einer der nächsten Plenarsitzungen werde ich es von meinem neuen Arbeitsplatz aus sicher weiter verfolgen. Bilder von den drei Plenumstagen hier:

Wahlkampfauftakt 1990 auf dem Erfurter Domplatz

Helmut Kohl und die heutige Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht am 17.6.2005 auf Point Alpha
Helmut Kohl und die heutige Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht am 17.6.2005 auf Point Alpha
Heute vor genau 20 Jahren, am 20. Februar 1990, startete die Allianz für Deutschland bestehend aus der CDU, dem Demokratischen Aufbruch und der Deutschen Sozialen Union auf dem Erfurter Domplatz den Wahlkampf zur ersten und zugleich letzten freien Volkskammer. Vor rund 100.000 Menschen sprach Helmut Kohl bei der größten politischen Veranstaltung, die es je in Erfurt gab. Ich war unter den begeisterten Teilnehmern und hörte wie Helmut Kohl damals seinen Plan von einem sich wiedervereinigenden Deutschland skizzierte. Bis heute wird ausgehend von dieser Veranstaltung sein Zitat der blühenden Landschaften verzerrt wiedergegeben. Helmut Kohl hat keine blühenden Landschaften zugesagt, sondern den Menschen gesagt; sie haben die Chance mit ihrer Hände Arbeit blühende Landschaften zu schaffen. Das Deutschlandradio Kultur hat in einer knapp halbstündigen Reportage im Länderreport „Es geschah … in Erfurt“ mich und drei weitere Teilnehmer der Kundgebung vom 20.2.1990 zu Wort kommen lassen und nach den damaligen Hoffnung und heutigen Ergebnissen befragt. Ich war vor 20 Jahren gerade erst einige Wochen Mitglied des Demokratischen Aufbruchs und engagierte mich für die Wende und die Wiedervereinigung. Einiges würden wir mit den Erfahrungen der letzten 20 Jahre sicherlich anders machen, aber ich bin insgesamt stolz darauf ein klein wenig den Freistaat Thüringen mitgestaltet zu haben. Von der Kundgebung auf dem Domplatz habe ich einen kompletten Videomitschnitt, der gerade heute 20 Jahre danach überaus sehens- und hörenswert ist. Man spürt die Begeisterung der Menschen, man sieht noch die ruinierten Häuser um den Domplatz, man sieht tausende Menschen die schwarz-rot-goldene Fahnen schwenkten und einige Einheitsgegner auf deren Fahnen noch Hammer, Zirkel und Ährenkranz als Symbole einer zu Ende gehenden Diktatur genäht waren. Zum Glück gibt es Dokumente, Bilder und Belege – von den ersten großen Kundgebungen in Dresden und Berlin habe ich sogar eine Schallplatte. Zeitschriften und CDs dokumentieren die Wendezeit und wir alle sind letztlich Zeitzeugen eines historischen Ereignisses. Ich bin froh meinen drei Söhnen erklären zu können, was damals die politische Wende für mich persönlich, unser Land und letztlich ihre Zukunft bedeutet hat. Mein ältester Sohn ist heute 20 Jahre alt. Er wächst wie seine beiden jüngeren Brüder in Freiheit auf und hat heute Chancen, von denen ich mit 20 nur träumen konnte. Keiner kann ihm ein dauerhaftes Leben in blühenden Landschaften garantieren, aber er hat die Chance etwas aus seinem Leben zu machen und mitzugestalten, so wie es Helmut Kohl vor 20 Jahren auf dem Domplatz gesagt hat. Deshalb gerade am heutigen Tag einen besonderen Dank an den Kanzler der Deutschen Einheit Helmut Kohl! Beitrag „Es geschah … in Erfurt“ Deutschlandradio Kultur Manuskript zum downloaden

Demonstrationsumzug mit Prinzessin Ahnungslos

Umzugsdemo (11)
Hier kommt der Winterdienst
Dem diesjährige Erfurter Karnevalsumzug war überregionale Beachtung sicher. Freitag Mittag wurde der Umzug zum Entsetzen der Karnevalsvereine abgesagt. Am Samstag Vormittag meldeten die Karnevalssenatoren Thomas L. Kemmrich und Heinz-Jochen Spilker stattdessen eine Demonstration „Gegen die Unfähigkeit des Winterdienstes“ an. Um es mit den Worten des Senators Heinz-Jochen Spilker zu sagen: „Sonst machen wir uns beim Fasching über andere lustig. Aber ohne Umzug lacht ganz Deutschland über Erfurt.“. Im Nachhinein ist nun nicht einmal mehr klar, wer eigentlich den Umzug abgesagt hatte: Polizei, Stadtverwaltung, GEC, Stadtwirtschaft? Bürgermeisterin Tamara Thierbach, die derzeit den erkrankten Oberbürgermeister vertritt erklärte, sie wurde nicht informiert und hat es wahrscheinlich erst erfahren, als bereits die Leuchtschriften an den Straßenbahnhaltestellen zu lesen waren. Beim Umzug war sie zumindest auf dem Domplatz präsent, konnte die aufgebrachten Gemüter aber auch nur wenig beruhigen. Oberbürgermeister Andreas Bausewein wurde nach eigenen Worten am Freitag Abend telefonisch informiert. Wenn dies beides so war, muss es Anlass zur Sorge sein: wer regiert eigentlich diese Stadt und macht die Verwaltung was sie will? Wir werden beides sicher noch im Stadtrat diskutieren. Thierbach und Bausewein haben dafür ihren Karnevalstitel schon jetzt weg: Prinzessin Ahnungslos und Prinz Weissnichts. Für die größte Erfurter „Demo“ seit 1990 gab es einige Auflagen. So durfte nur ein Umzugswagen fahren und es durften auch keine Kamellen geworfen werden. Absperrgitter gab es keine, offizielle Ordner mussten organisiert werden und die Polizei sicherte die Straßen. Die rund 1.500 närrischen Aktiven und ihre Vereine gingen kreativ damit um. Am Samstag Abend wurde noch umorganisiert. Beim MKC, meinem Verein, gab Präsident Andreas Schulz beim Kostümball die Order aus: Wir lassen uns von Schnee und Eis den Karneval nicht vermiesen. Auf dem Domplatz hatten wir dann sogar einen Umzugswagen – ein Räumfahrzeug für den Winterdienst, welches stolz die Marbacher Vereinsfahne trug. Mit Schneeschiebern ausgerüstet und dem Lied „Hier kommt der Winterdienst“ gingen wir auf die Strecke.
Umzugsdemo (42)
...doch, etwas Schnee haben wir gefunden
Der Zug ging exakt den Weg der vergangenen Jahre. Entlang der Strecke haben wir nur wenig Schnee und noch weniger Eis gesehen, dafür aber trotz alledem viele begeisterte Karnevalsfans. Der direkte Kontakt mit den aktiven machte Spaß und über diesen Erfurter Umzug wird wohl noch in Jahren gesprochen werden. Ich bin mal neugierig welche Schlüsse die Stadt aus der erfolgreichen „Schnee- und Eisbekämpfung“ der letzten Wochen zieht. Auch wenn uns die Ökos immer was von der Erderwärmung erzählen es ist zu befürchten, dass es auch in kommenden Jahren schneien wird und eventuell gibt es sogar weiterhin im Winter Minusgrade… Hier Links zu den Bildern vom Umzug auf den Seiten der Thüringer Allgemeinen und TLZ: