Heftige Kita-Diskussion im Stadtrat

Artikel in der TA zur Kita-Diskussion
„Die zwischen den Fraktionen vereinbarte Redezeit beträgt 10 Minuten je Fraktion“ mit diesen Worten eröffnete die Stadtratsvorsitzende bei der gestrigen Stadtratssitzung die Aussprache zur Großen Anfrage der CDU Fraktion zur Kita-Situation in der Landeshauptstadt. Mir war von voherein klar, dass diese 10 Minuten nicht reichen würden und nach elf Minuten Redezeit wurde ich dann auch von der Sitzungsleitung gestoppt. Üblicherweise steht am Beginn oder am Ende der Rede zu einer Großen Anfrage der Dank an die Verwaltung für die umfängliche Beantwortung der Fragen. Diesen Dank konnte ich mir gestern sparen und als sich der Stadtratskollege von der SPD artig bei der Verwaltung bedankte erntete er zweifelndes Kopfschütteln bei den Eltern auf der Tribüne. 47 Seiten hat die Verwaltung bedruckt – und wenig mitgeteilt. Und die Frage ist: Wollte oder konnte die Beigeordnete nicht ordentlich die Fragen beantworten?  Ich persönlich glaube nicht, dass Frau Thierbach Prinzessin Ahnungslos ist. Also wurden wohl bewusst einige mögliche Antworten verschwiegen. Mit Verweis darauf, dass nur die Hälfte der Freien Träger die Anfragen der Stadtverwaltung beantwortet habe, wollte Frau Thierbach keine Angaben zu den Elterngebühren in den Einrichtung, zur Anzahl der Erzieherinnen und zur Landes- bzw. Bundesförderung in den Vorjahren machen. Auch bei der baulichen Mängelliste blieb sie nebulös. Dies ist in allen Fällen unglaubwürdig. Natürlich muss die Verwaltung wissen welche Elterngebühren in den Einrichtungen der Freien Träger kassiert werden. Schließlich wird am Jahresanfang mit den Einrichtungen in einem Trägergespräch der jeweilige Haushaltsplan ausgehandelt und am Jahresende auch spitz abgerechnet. Auch deshalb weiß die Verwaltung natürlich, wie viele Beschäftigte es in den Einrichtungen gibt. Beim baulichen Zustand und den notwendigen Investitionen glaube ich allerdings fehlt es wirklich an Detailinformationen und ich denke wir sehen derzeit auch nur einen Teil des Eisbergs. Von den 101 Einrichtungen haben 48, also fast die Hälfte eine Mängelliste, also Auflagen von der Feuerwehr, dem Gesundheitsamt oder der Unfallkasse. 7 Einrichtungen haben zudem nur eine bis 2014 bzw. 2015 befristete Betriebserlaubnis. Rund 31 Millionen Euro würden benötigt um 13 Einrichtungen komplett zu sanieren oder neu zu bauen und für 10 weiter werden Investmittel in Höhe von 100.000 bis 600.000 Euro benötigt. Dies erschreckt um so mehr, weil OB Bausewein 2006 versprochen hat bis 2012 alle Einrichtungen zu sanieren. Heimlich still und leise hat er dieses Versprechen erst auf 2014 verlängert und sagt jetzt lieber gar nichts mehr dazu. Seit 2000 wurden 35 Einrichtungen neu gebaut oder grundlegend saniert. Zwischen 2009 bis 2012 hat die Stadt dazu 22,7 Millionen investiert. Vom Bund gab es 9,27 Millionen dazu und vom Land 10,13 Millionen. Aber dies hat offensichtlich nicht andeutungsweise gereicht. In den nächsten beiden Jahren müssten wir jeweils 15 Millionen Euro aufwenden. Angesichts von Schimelbefall und Legionellen in einigen Einrichtungen ist akuter Handlungsbedarf gegeben. Handlungsbedarf besteht auch hinsichtlich der Barrierefreiheit in den Kitas. Ganz 11 Kitas sind barrierefrei und dies obwohl seit 2000 35 grundhaft saniert oder neugebaut sind und seit 2006 alle Kinder jede Kita besuchen können. In Erfurt gilt dies für Kinder mit Behinderung gerade einmal für knapp 10 Prozent der Einrichtungen. In der Zeit bis 2018 beabsichtigt die Verwaltung sechs Kitas neu zu bauen, aber auch vier Kitas zu schließen. Ob damit die Platzknappheit abgebaut werden kann erscheint fraglich, zumal die Kita-Card sich nicht bewährt hat. Dies erklärt zumindest die Verwaltung seit Jahren. Man müsse nur besser verteilen, dann würde alles aufgehen. Dies ist natürlich Quatsch, der die Ursache für die Mangelverwaltung sind fehlende Plätze. Rund 9.000 haben wir, davon rund 1.000 für Kinder unter zwei Jahren. Da es zu unseren vielen Fragen nur wenig Antworten gab, werden wird das Thema im Jugendhilfeausschuss und im Finanzausschuss weiter diskutieren. Zudem habe ich gestern angekündigt, dass sich die Verwaltung auf eine Serie von Stadtratsanfragen freuen kann. Da die Große Anfrage so lustlos beantwortet wurde, werden wir eben jetzt nach jeder einzelnen Kita fragen. Rede zur Großen Anfrage (ab Minute 69)    

Podiumsdiskussion „Was ist uns Familie wert?“

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Gemeinsam mit Dr. Oesterheld, Antje Tillmann und Dr. Herzberg
Das ist zweifellos eine der wichtigen Fragen, die die Politik in den nächsten Monaten in Bezug auf das Betreuungsgeld beschäftigen wird. Die noch wichtigere Frage ist aber „Was trauen wir Familien zu?“. Der CDU Ortsverband „Am Petersberg“ hat dazu im Haus der Versöhnung im Augustinerkloster mit kompetenten Gesprächspartnern die Diskussion gesucht. Unsere Bundestagsabgeordnete Antje Tillmann erläuterte die Zielstellung des Gesetzes, aber auch die politischen Ziele bei der Debatte zum Betreuungsgeldgesetz. Vornehmlich die Linke und die SPD verfolgen das Ziel, dass Kinder so früh wie möglich in Betreuungseinrichtungen gehen sollen und daher jeder Euro in den Aus- und Aufbau investiert werden muss. Dies ist allerdings ordnungspolitisch eine Aufgabe für Kommunen und Länder. In den letzten Jahren hat der Bund rund drei Milliarden zusätzlich dafür bereitgestellt und es sei daher an der Zeit auch Familien stärker in den Blick zu nehmen und zu fördern, erläuterte Antje Tillmann. Es müsse darum gehen Familien nicht zu bevormunden sondern ihnen Wahlfreiheit zu ermöglichen. Was aber bei der Betreuung und Pflege im Alter gesellschaftlicher Konsens ist, wenn zum Beispiel Pflegegeld bezahlt wird wenn Angehörige zu Hause statt im Heim betreut und gepflegt werden, weckt bei Kindern die zu Hause betreut werden zunehmend Misstrauen. Breiten Raum nimmt daher bei der Diskussion, wie schon vor sechs Jahren in Thüringen beim Landeserziehungsgeld, die Missbrauchsdebatte ein. Den Eltern, vornehmlich aus sozial schwierigem Umfeld oder mit Migrationshintergrund, wird unterstellt, das Geld nicht zum Wohle der Kinder einzusetzen und deshalb müsse der Stadt die Betreuung und Erziehung organisieren. Gegen dieses Bild von Familien wehrte sich Dr. Kurt Herzberg vom Familienbund der Katholiken. Er mahnte die Schließung der Gerechtigkeitslücke an. Über 600 Euro staatliche Subventionen fließen in jeden Kita-Betreuungsplatz und vor diesem Hintergrund seien die vorgesehenen 100 bzw 150 Euro als Betreuungsgeld sogar viel zu niedrig angesetzt. Intensiv setzte er sich mit dem Argument der Betreuungsgeldgegener auseinander, dass nur die frühestmögliche Betreuung in einer Krippe oder Kita bestmögliche Bildung sichere. Bildung setzt Bindung voraus erläuterte Herzberg und diese entstehe durch verlässliche Bezugspersonen in der frühen Kindheit. Dr. Falk Oesterheld, Präses der Synode des Evangelischen Kirchenkreises, erinnerte daran, dass die Diskussion vor 40 Jahren in unserer Gesellschaft genau in die andere Richtung, vornehmlich von den Gewerkschaften geführt wurde. Da war die Zielstellung Eltern mehr Zeit für und mit ihren Familien zu schaffen. Heute fordern gerade Gewerkschaften den unbedingten Vorrang der Berufstätigkeit beider Eltern. Allerdings ist selbst die evangelische Kirche in dieser Frage durchaus in einem Konflikt. Während die EKD gegen das Betreuungsgeld ist haben sich EAF und die Thüringer für das Betreuungsgeld ausgesprochen, wohl auch weil es sich im Freistaat bewährt hat. Wenn es um die Frage geht wo Kleinstkinder am Besten aufgehoben sind, gibt es laut einer aktuellen Emnid-Umfrage immernoch erhebliche Ost-West-Unterschiede. 62 Prozent im Westen glauben bei der Mutter, im Osten sind es 38 Prozent. Hingegen meinen 41 Prozent der Befragten im Osten Kinder seien am Besten in einer Krippe aufgehoben. Mein Eindruck bei vielen Betreuungsgegnern ist, dass sie die gleichen Argumentationsmuster bringen, wie wir sie in Thüringen schon kennen. Fakt ist aber, alle Befürchtungen haben sich nicht bestätigt. Es gab keine Missbrauchsfälle, es wurden keine Kinder in Heerscharren aus den Kitas gelockt, es wurden keine Frauen vom Arbeitsplatz ferngehalten, es gibt keine nachweisbaren Bildungsnachteile für Nicht-Krippen-Kinder und es mussten auch keine Kitas geschlossen werden (dies war 2006 eine der größten Befürchtungen der Kita-Träger). Durch die Zusammensetzung sowohl des Podiums, als auch des Publikums (welches intensiv mitdiskutiert hat) war bei der Veranstaltung viel Zustimmung und wenig Widerspruch zu verzeichnen. In der öffentlichen Diskussion läuft dies derzeit deutlich heftiger ab. Für die CDU steht dabei aber im Mittelpunkt: Wir haben mit guten Begründungen sowohl in unserem Grundsatzprogramm, als auch in zwei Parteitagsbeschlüssen und im Koalitionsvertrag das Betreuungsgeld verankert. Wir wollen, dass Eltern für Kinder und Kinder für Eltern Verantwortung tragen. In der Wahrnehmung dieser Verantwortung müssen Eltern bestärkt und ermutigt werden. Gesellschaftsmodelle oder Familienbilder dürfen Eltern kein schlechtes Gewissen einreden. Es gibt heute nicht mehr die klassischen Erwerbs- oder Ernährermodelle in der Familie. Familie ist vielfältig geworden. Sowohl die Eltern, die sich für Betreuungsmodelle in einer Kita entscheiden, als auch Eltern, die die Betreuung und Erziehung privat organisieren verdienen Wertschätzung, Anerkennung und Förderung.

Kontroverse Basisdiskussion zur Koalitionsvereinbarung

CDU Ortsverband (5)
Gesprächspartner beim CDU Ortsverband
 Die Mitglieder des Erfurter CDU-Ortsverbandes „Am Petersberg“ trafen sich heute Abend an neuem Veranstaltungsort um über die zurückliegenden Wahlen und die Koaltions- vereinbarung von Schwarz-Rot zu diskutieren. In der Gaststätte am Andreasturm wird der Ortsverband künftig seine Veranstaltungsheimstadt haben. Vielen Dank für die Gstfreundschaft an den Chef des Hauses!   Die CDU-Kreisvorsitzende Marion Walsmann kam zu der Runde von 25 Mitgliedern ebenso wie die Stasiunterlagenbeauftragte Hildigung Neubert direkt von der CDU-Landesvorstandssitzung hinzu. Die Wahlauswertung war da mit Thomas Pfistner, CDU-Fraktionsvorsitzender im Stadtrat, und der Bundestagsabgeordneten Antje Tillmann bereits heftig in der Diskussion. Kritik an der Themenauswahl im Wahlkampf wurde ebenso wie die Personalsituation angesprochen. Ein Klausurtagung zwischen CDU-Kreisvorstand und Fraktion soll Klarheit über den Kurs gegenüber den anderen Fraktionen für die nächsten Jahre bringen. Nagelprobe wird wohl in Erfurt der Nachtragshaushalt und der neue Haushalt 2010 sein. Als stellvertretender Vorsitzender der Stadtratsfraktion und der Kreispartei ist für mich klar, dass wir den Haushalt in den jetzt bekannten Grudnzügen ablehnen werden. Der Wille ernsthaft und nachhaltig zu sparen ist bei Bausewein und Co nicht zu erkennen. Solange wie er weiter von Rot-Rot im Land träumt wird er sicher mit den linken Genossen Mehrheiten für den Erfurter Haushalt organisieren können.   Bei den heute bekanntgewordenen Details zur Koaltionsvereinbarung gab es durchaus Basiskritik, dass klassische CDU-Positionen aufgeweicht wurden und zu Hauf der SPD Zugeständnisse gemacht wurden, die dem Land teuer zu stehen kommen. Ziel muss es in den nächsten fünf Jahren sein, dennoch ein klares CDU-Profil heraus zu arbeiten. Wir werden im Ortsverband regelmäßig dazu diskutieren, ob und wie das gelingt.