Kindertageseinrichtung als Eltern-Kind-Zentrum

Eröffnung durch Ministerin Taubert
Eröffnung durch Ministerin Heike Taubert
Bis wir in Thüringen ein funktionierendes System vom Eltern-Kind-Zentren an Kindertageseinrichtungen wird noch einige Zeit vergehen, aber Thüringen macht sich auf den Weg. Dies das Fazit der heutigen 1. Fachtagung des Sozialministeriums zum Thema in der Fachhochschule Erfurt. Vor allem bei Leiterinnen von Kitas, Trägervertretern, aber auch Vertretern von den Thüringer Familienzentren war das Interesse groß – rund 180 Teilnehmer waren zur Tagung gekommen und so musste der große Hörsaal genutzt werden. Sozialministerin Heike Taubert verwies auf die Koalitionsvereinbarung von CDU und SPD, die den Ausbau der Kitas zu Eltern-Kind-Zentren formuliert hatte. Die Fachhochschule Erfurt als Kooperationspartner und Frau Prof. Michaela Rißmann von der Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaft als Verantwortliche für die Konzepterarbeitung und modellhafte Umsetzung, nehmen die Aufgabenstellung ernst. Leider fehlt aber beim für Kitas verantwortlichen Kultusministerium noch der rechte Ansprechpartner – zumindest war heute keiner vom TKM da. Insbesondere der niedrigschwellige Zugang zu Eltern und der Umstand, dass nahezu alle Kinder Kitas besuchen, machen die Kindertageseinrichtung zu geeigneten Projektpartnern. Innerhalb der nächsten drei Jahre wird das Modell umgesetzt. Noch ist allerdings nicht klar an wie vielen Kitas, bis zu 20 erscheinen möglich. fh-erfurtUngeklärt ist auch noch, ob die Jugendämter verantwortlich ins Boot geholt werden. Ich halte dies für zwingend notwendig, schließlich handelt es sich bei den Hilfen zu Erziehung klar um eine kommunale Aufgabe. Oft genug beklagen die Ämter, dass sie zu spät von Problemfällen erfahren. Ich ahne aber auch, hier wird schnell die Kostenkarte gezogen. Mit den im Haushalt des Landes für 2011 vorgesehenen 155.000 Euro jedenfalls wird dieses Projekt auf Dauer nicht zu schultern sein. In NRW ist beispielsweise die Zielstellung, bis 2012  rund ein Drittel der Kitas zu Familienzentren auszubauen. Das wären dann über 3.000 Kitas und diese sollen jeweils 12.000 Euro jährlich erhalten – klagen allerdings auch dies sein zu wenig. In NRW steht thematisch die Bekämpfung von Sprachdefiziten auf dem Programm. Prof. Rißmann erläuterte heute auch am Beispiel von Großbritaniens Early Ecelelence Centres welche Chancen bestehen wenn Eltern Wertschätzung, Entlastung und Unterstützung erfahren. Seit 1998 arbeiten die Einrichtungen nach diesem Prinzip – heute als Children Centres. Wichtig ist aber in jedem Fall die Eltern einzubeziehen. In den letzten Wochen habe ich bei Besuchen in Kitas, Familienzentren und Mehrgenerationenhäusern festgestellt, dass es auch bei uns in Thüringen gute Ansätze gibt. Ich bin deshalb jetzt sehr neugierig, welche Kitas wie das Modellprojekt jetzt angehen werden. Im September diesen Jahres soll es losgehen. Zuvor findet am 4. Juli 2011 die zweite Fachtagung zu Thema statt – ich merke mir den Termin schon einmal vor.

Familienunterstützung angemahnt – Wissenschaftliche Fröbel-Tagung

Gleich mehrere Überraschungen hielt die Tagung des in Gründung befindlichen Fröbel-Instituts für Familien- und Bildungsforschung an der Fachhochschule in Jena bereit. Prof. Opielka hatte Wissenschaftler und Politiker versammelt um mit ihnen und rund 200 Studentinnen und Studenten über bessere Wege zur Familienförderung zu diskutieren. Ich habe gerne an der Tagung teilgenommen und mir dazu einen halben Tag „Urlaub“ von der Reha-Kur in Bad Klosterlausnitz gegönnt. Schließlich ging es um eines der zentralen Themen, die mich in den letzten Jahren beschäftigt haben, das Thüringer Landeserziehungsgeld und die Verknüpfung mit der Familienoffensive.
Froebel-Tagung (5)
Podiumsdiskussion mit ungewöhnlichen Bündnissen
Nach den wissenschaftlichen Vorträgen am Vormittag ging es in Open-Space-Workshops gemeinsam mit den Politikern um fachspezifische Fragen. Ich habe an der Arbeitsgruppe „Das Thüringer Erziehungsgeld – ein Erfolgsmodell?!“ teilgenommen. Mit der neuen Landessprecherin von B90/Die Grünen Madeleine Henfling habe ich leidenschaftlich darüber gestritten, ob nun das Fragezeichen oder das Ausrufezeichen richtig gesetzt ist. Überraschenderweise waren wir in unseren Positionen am Ende der 45 Minuten relativ nah beieinander. In der anschließenden Podiumsdiskussion setzte sich dieser Trend fort. Während Antje Tillmann, MdB (CDU) und Madeleine Henfling und weitestgehend auch Bodo Ramelow, MdL, Fraktionsvorsitzender (Die Linke) für die Wahlfreiheit der Eltern warben, waren sowohl der SPD-Vertreter im Podium, als auch Uwe Barth, MdL, Fraktionsvorsitzender (FDP) für ein verpflichtendes Vorschuljahr und ein Gutscheinmodell statt Landeserziehungs- oder Betreuungsgeld. Prof. Opielka konstatierte daraufhin ungewöhliche Farblehren im Podium Schwarz-Dunkelrot-Grün als „Koalition der Wahlfreiheit“ gegen Rot-Gelb als „Koalition der Reglementierung“! Natürlich ist es am Ende in der Familienpolitik aber nun doch nicht so klar. Bodo Ramelow verwies darauf, dass bei den Linken dazu mehrere Lager diskutieren Christa Müller-Lafontaine vertritt dabei die Linie der direkten Familienunterstützung und Ermutigung, viele andere Linke sind wie die SPD eher dafür, dass der Staat interveniert. Als Fazit der Diskussion wurde deutlich: Familien müssen einbezogen werden, wenn es um erweiterte Betreuungsmodelle geht, Familien brauchen Ermutigung und kein Misstrauen und die finanziell notwendigen Leistungen müssen erhöht werden. Eine deutliche Erhöhung des Erziehungsgeldes bis Hin zur Höhe der tatsächlichen Kita-Kosten (über 400 Euro) mahnte Prof. Opielka auch in den vorgestellten „Jenaer Thesen zur Bezahlung von Elternschaft“ an. Vor allem dürfen aber Eltern nicht diskriminiert werden, egal für welches Betreuungsmodell sie sich entscheiden. Zum Abschluß der Tagung habe wir im Podium gemeinsam die Frage diskutiert „Ist wissenschaftliche Beratung in der Familienpolitik möglich?“. Meine klare Position dazu: Ja, sie ist möglich und dringend notwendig! Die Evaluation der Familienoffensive hat dies überdeutlich gemacht.  Dies funktioniert aber nur wenn rechtzeitig die Themen entweder von der wissenschaftlichen Seite auf die Tagesordnung gebracht werden, oder seitens der Politik das Ergebnis noch nicht vorgegeben ist. Die Tagung war gut und verlangt nach Fortsetzung!