Gefangenenaustausch, Zeugenschutzprogramm und Kronzeugenregelung

Sozialministerium Thüringen
Sozialministerium Thüringen
Mit der heutigen Amtsübergabe der Geschäfte an die neuen Minister laufen nun auch die Aktivitäten zur Neugestaltung der Organigramme in den Ministerien auf Hochtouren. Die Rahmenbedingungen für große Veränderungen sind eher schlecht. Freie Personalstellen gibt es kaum. Viele Stellen haben beim Wegfall eine Wiederbesetzungssperre. Dennoch, die politische Grundeinstellung vieler Akteure ist bekannt, oder offenbart sich (soweit es SPD-Genossen sind) gerade. Mancher fühlt sich da wie in einem falschen Körper geboren, den der jeweilige Minister gehört zwar nun zur „befreundeten Koalitionspartei“ aber dies ist als Karrieresprungbrett dann wenig dienlich wenn dies nicht die eigene Truppe ist.   Als Lösung bieten sich grundsätzlich vier Möglichkeiten. Zum einen der Gefangenenaustausch – ein Partner in einem anderen Ministerium mit dem man „tauschen“ kann. Wenn die Einstufung ähnlich ist und die Minister wollen geht der Gefangenenaustausch schnell. Das Zeugenschutzprogramm funktioniert nur wenn die politische Grundeinstellung nicht gar zu offensichtlich bekannt ist, der neue Minister sich exklusive Informationen oder Hilfe verspricht und so der Mantel des Schweigens über die Parteikürzel hinter dem Namen fällt. Ähnlich ist es bei der Kronzeugenregelung. Wer genug Informationen hat kann ebenfalls auf „Strafffreiheit“ oder Schutz hoffen.
Personalringtausch in den Häusern?
Personalringtausch in den Häusern?
Als letzte Möglichkeit gibt es nur noch die Fluchthilfe. Einflussreiche Freunde die bei der Hilfe zu neuen Zukunftsperspektiven behilflich sein können. Wenn alles nicht geht bleibt nur die Hoffnung, die Hoffnung, dass die Zeit in der Diaspora schnell vergeht und in fünf Jahren der Wähler die Zusammensetzung der jeweiligen Hausspitze wieder verändert und in Ordnung bringt.   Die vorstehenden Worte sind nicht ganz ernst gemeint, aber auch keine Realsatire aus dem Minsiteriumsalltag. Bei der heutigen Sitzung des Stiftungsrates des Blindenstiftung im Sozialministerium habe ich die ersten Leitungsbeamten der SPD schon im Haus unterwegs erlebt und im Kultusministerium wurden die Personalstellen schon bewegt…  Mal sehen wie sich die Organigramme der Häuser in den nächsten Wochen gestalten.

Kabinettsliste komplett

Justizministerin Marion Walsmann und Michael Panse, MdL
Marion Walsmann, CDU-Kreisvorsitzende und künftige Finanzministerin
Nun gut zwei Monate nach der Landtagswahl steht die neue Thüringer Kabinettsliste von schwarz-rot. Nachdem die SPD-Minister der künftigen Landesregierung schon seit Wochen bekannt sind, lüftete heute Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht das Geheimniss um die zukünftigen CDU-Minister. Kein großes Geheimniss war mehr, dass die bisherige Justizministerin und Erfurter CDU-Kreisvorsitzende Marion Walsmann dem neuen Kabinett angehören wird. Als neue Finanzministerin hat sie zweifellos einen der schwersten Jobs. Alles Gute und viel Erfolg dabei! Ihr Staatssekretär wird im Finanzministerium Dr. Rainer Späth, der diese Funktion bereits bei Birgit Diezel ausübte.   Landwirtschaftsminister soll der bisherige Wirtschaftsminister Jürgen Reinholz werden, sein Staatssekretär Roland Richwien. Christian Carius wird Minister für Bau und Verkehr, an seiner Seite als Staatsekretärin Marion Eichborn. Neuer Innenminister wird Prof Peter Huber und sein Staatssekretär Jörg Geibert und Neuer Staatskanzleiminister wird Jürgen Schöning, aus Schleswig-Holstein. Also doch eine ganze Menge neue Gesichter! In den SPD-geführten Ministerien wurden heute ebenfalls die Staatssekretäre benannt. SPD-Geschäftsführer Jochen Staschewski im Wirtschaftsministerium, Sozialstaatssekretär Hartmut Schubert,  im Justizministerium Staatssekretär Professor Dietmar Herz. Einzig für das Kultusministerium herrscht unter den Thüringer Medien noch Konfusion. TA und OTZ vermeldeten Staatsekretär des Kultusminister Christoph Matschie (CDU!!!!) würde „der Jenaer Erziehungswissenschaftler Professor Gerhard Mertens“. Gleich eine Serie an Freuschen Versprechern! Ob Matschie die Partei wechselt ist noch offen, aber als Staatssekretär ist wohl der Jenaer Prof. Roland Merten gemeint, den ich sehr schätze. Einen Prof. Gerhard Mertens gibt es allerdings auch. Mal sehen wer morgen bei der Vereidigung dabei sein wird.

Am Ende wird Alles gut – und wenn es nicht gut ist, ist es noch nicht zu Ende

Step by step (6)
Die Zeichen weisen auf Schwarz-Rot und damit Christine Lieberknecht
Mit eine dicken Überraschung endete der Abend und beginnt die Nacht. Mit dem Verzicht Christoph Matschies auf das Minsiterpräsidentenamt schien gestern der Weg für Rot-Rot-Grün frei.   Die folgenden letzten Sondierungsgespräche mit den Linken und den Grünen verfestigten den Eindruck. Selbst Christine Lieberknecht, MP-Kandidatin der CDU war vor den letzten Gesprächen skeptisch. Das Personalangebot der SPD hat sich mit der verlorenen Bundestagswahl stark verbreitert und so wurden heute Namen wie Thierse und Tiefensee gehandelt.   Als die Beratungen des SPD-Vorstandes im Com-Center im Brühl um 20 Uhr begannen, demonstrierten Jusos vor der Tür mit einem Transparent „Schwarz-Rot ist unser Tod“.  Der Grüne Landesvorstand beschloss schließlich sich auf Koalitionsgespräche einzulassen und so en passant den Namen Bündnis90/Die Grünen aufzugeben. Künftig hätte es Bündnis09/Die Grünen-SPD-DIE LINKE sein können. Kurz nach Mitternacht meldeten sich bei Twitter gleich mehrere Medien, zuerst die Berliner Morgenpost, TAOnline und der MDR mit Eilmeldungen: SPD für Schwarz-Rot. Live-Schaltungen der ARD bestätigten kurz drauf: Mit 18 zu 6 Stimmen klare Mehrheit im SPD-Vorstand für Schwarz-Rot.   Ich brauche noch eine Weile, um das zu glauben und natürlich kann noch viel schief gehen. Aber zunächst erst einmal: Respekt für die SPD-Thüringen! Ich hätte das nicht erwartet und freu mich um so mehr.  Christine Lieberknecht wurde bereits gestern als CDU-Landesvorsitzende von der Landtagsfraktion vorgeschlagen. Nun kommt wohl auf sie auch das Amt der Ministerpräsidentin zu. Beides freut mich, weil mit Christine Lieberknecht auch der Erneuerungsprozeß der Thüringer CDU gelingen kann und das Land gut und richtig geführt wird. Ein guter Abend für Thüringen!

Konstituierung des Landtags und rot-rote Traurigkeit

Landtag1
Thüringer Landtag
Heute Mittag hat sich der fünfte Thüringer Landtag konstituiert.   Ich wünsche meinen ehemaligen Kollegen und den mehr als 30 neuen gewählten Abgeordneten alles Gute und stets gute Entscheidungen für den Freistaat. Der Alterspräsident Klaus von der Krone eröffnete die Sitzung und erinnerte daran, dass das Mandat stets nur Macht auf Zeit bedeutet und dazu verpflichtet, die Interessen der Thüringerinnen und Thüringer wahrzunehmen. Als neue Landtagspräsidentin wurde Birgit Diezel mit 70 Stimmen von den 87 anwesenden Parlamentariern gewählt. Ihr werden künftig gleich vier Vizepräsidenten zur Seite stehen, damit jede Fraktion im Landtagspräsidium vertreten ist.  
Kandidaten Landtagswahl
Präsidentin Birgit Diezel
Im neuen Landtag ist es bunter geworden. Mit Grünen und FDP sind zwei Parteien eingezogen, die bis jetzt nur in der ersten Legislaturperiode parlamentarische Erfahrungen sammeln konnten. Was die bündnisgrünen Landtagsabgeordneten von damals zu den heutigen Verhandlungen mit der Stasipartei sagen würden, bleibt offen. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass es mit Matthias Büchner oder Olaf Möller solche Verhandlungen gar nicht erst gegeben hätte. Mag man es Idealismus nennen, aber für beide waren Kungeleien mit den SED-Erben stets Tabu. Auch um den Preis mit am Regierungstisch sitzen zu dürfen, hätten sie ihre Ideale nicht veraten.    Bei der SPD sind zwar mehrere der Freundinnen und Freunde der ganz linken Genossen aus dem Parlament ausgeschieden, aber die Ex-Kollegen Pilger und Becker sorgen auch außerhalb des Parlaments für Stimmung und wisen sich dabei in geistiger Brüderschaft mit Erfurts OB Bausewein, MdB Schneider und Juso Metz. 
Bodo Ramelow - der Lack ist ab!
Rot-Rote Traurigkeit
Noch ist ungeklärt welche Koalition daraus erwachsen wird, aber SPD-Matschie bekommt schon so sehr Druck aus den eigenen Reihen, dass er heute auf das Ministerpräsidentenamt verzichtete. Damit kann er sich die rot-rote Traurigkeit nun mit Ramelow teilen. Der Linke hatte schon vor geraumer Zeit auf seiner Homepage erklärt, er verzichte vorerst auf die Realisierung „seines großen Wunschtraumes“ und gleiches von Matschie verlangt.   Nach Dieter Althaus und den beiden rot-roten Genossen ist nun keiner der ehemaligen Ministerpräsidentenkandidaten mehr im Rennen. Bis morgen will Matschie einen neuen Vorschlag machen – einzige Bedíngung, es darf keiner der Linken sein. Wie nun die Verteilung in der rot-roten Suppenküche sein wird bleibt spannend. Wer Koch und wer Kellner wird ist offen, zur Zeit gebärden sich aber beide wie beleidigte Chefköche und stehen den Küchenjungen nicht nach.