„Auf neuen Wegen in die Pflege“

Das Podium in Zeulenroda
Der Titel des Diskussionsforums der Konrad Adenauer Stiftung in Zeulenroda machte deutlich, dass auch die Pflegesituation in Thüringen nach neuen Antworten auf drängende Fragen fordert. Im Rathaus von Zeulenroda diskutierte ich dazu mit Praxis- und Fachexperten und einem interessierten Publikum. Der Bonner Architekt und langjährige Mitarbeiter des Kuratoriums für Altenhilfe Holger Stolarz stellte Konzepte für Wohnen, Soziales und Pflege im Quartier vor. Derzeit werden bundesweit rund 4 Prozent der Betroffenen in neuen Wohn- und Betreuungsformen betreut, in Thüringen sind es deutlich weniger. Als Generationenbeauftragter habe ich erläutert warum dies so ist und warum wir auch diese neuen Wege brauchen. Das A und O im Alter ist für die Betroffenen, dass sie im Alter selbstbestimmt und geistig sowie körperlich mobil bleiben. Neben der Angst vor Altersarmut dominiert die Angst vor Einsamkeit im Alter. Wir haben eine gute Pflegeinfrastruktur – aber nach meinem Eindruck schafft auch hier das bestehende Angebot auch weitere Nachfragen. Richtig wäre es aber, dass die Angebote den Bedarfen und Bedürfnissen folgen und dazu muss man zunächst fragen, was sich die Menschen im Alter wünschen. Der Wunsch in stationären Pflegeeinrichtungen betreut zu werden, kommt dabei nur sehr nachrangig. Lediglich 15 Prozent der 7o-Jährigen wollen in einem Pflegeheim betreut werden. Tatsächlich allerding werden von den Pflegebedürftigen rund ein Drittel in stationären Pflegeeinrichtungen betreut. 3,4 Prozent der Thüringerinnen und Thüringer sind pflegebedürftig – dies sind derzeit 82.300 Menschen. 22.500 von ihnen werden in rund 390 Pflegeheimen betreut. Diese Zahl ist kontinuierlich von 17.500 vor 10 Jahren über 20.500 im Jahr 2009 gestiegen. Dies hängt nach meiner Auffassung auch sehr mit der Zahl der Einrichtungen zusammen. 270 der Pfelegeheime wurden seit 1990 neu gebaut oder grundlegend saniert. Dies war dringend notwendig, weil die bauliche Situation der Pflegeheime zur Wendenzeit ein Skandal war. Vier- und Achtbettzimmer waren die Regel. Mit millionenschweren Förderprogrammen haben Land und Bund reagiert. So notwendig dies war, hat es doch den Blick verstellt, auf neue Wege der Pflege. In den alten Bundesländern wurde Mitte der neunziger Jahre schon darüber diskutiert wie neue Wohnformen aussehen sollen. Wir ziehen jetzt endlich nach – auch das Gesetz für neue Wohnformen soll nun endlich in Thüringen kommen. Ein weiterer nicht unwichtiger Punkt für die vielen stationären Pflegeheimplätze ist der Mangel an altengerechtem und barrierefreien Wohnraum in Thüringen. 5.000 barrierearme Wohnungen fehlen jährlich in Thüringen sagt der Wohnungswirtschaftsbericht. Aber zugleich gibt es durch den demografischen Wandel auch zehntausende Wohnungen zuviel im Freistaat. Vor diesem Hintergrund ist es unwahrscheinlich, dass es Wohnungsneubauprogramme geben wird. Es wird also darum gehen, wie wir die bestehenden Wohnungen barrierearm umbauen kann, um den Menschen einen längeren Verbleib in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen und dies auch in der Pflegesituation. Es gibt hierfür interesannte Ansätze. Mit der KOWO in Erfurt, aber auch mit einem Projekt der Handwerkskammer in Eisenach bin ich dazu intensiv im Gespräch. Im Mittelpunkt des Agierens muss das Interesse der Menschen stehen! Einen weiteren wichtigen Punkt habe ich in die Diskussion eingestreut und dies ist die notwendige Verantwortungsgemeinschaft der Familien in unserer Gesellschaft. Rund 90.000 Kinder unter sechs Jahren haben wir in Thüringen, die nicht weil sie klein sind nicht nur betreuungs- sonder auch pflegebedürftig sind. Berechtig gibt es eine intensive Diskussion, wie sie betreut und gefördert werden können. Berechtigt wird auch darüber diskutiert, wie groß auch die Verantwortung der Eltern für ihre Kinder ist. Selbstverständlich ist die Diskussion auch auf der anderen Altersseite des Lebens zu führen mit der Verantwortung von Kindern für ihre Eltern. Über die Hälfte der Pflegebedürftigen werden in Thüringen von Angehörigen ohne Hilfe von Pflegediensten versorgt. Das Forum, moderiert vom Chefredakteur der OTZ Ullrich Erzigkeit, bot gute Diskussiosanregungen. Ich freue mich, dass die Diskussion weiter gehen wird.

Mehrgenerationenhaus von Blitz e.V. und der Volkssolidarität

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Garten der Generationen in Zeulenroda
Keines der Mehrgenerationenhäuser gleicht dem anderen. Bei meinem Besuch gestern in Zeulenroda und Stadtroda ist mir dies wieder überdeutlich geworden. In Zeulenroda ist die Volkssolidarität Träger der Einrichtung. Untergebracht sind die Räume in einem Haus in dem auch zahlreiche Wohnungen für Senioren sind und so sind auch viele der Angebote darauf ausgerichtet. Sportliche Angebote des MGH finden in verschiedenen anderen Einrichtungen der Stadt statt. Die größten Synergieeffekte erreicht die Einrichtung mit der benachbarten Kita. Sowohl von den Senioren, als auch von den Kindern werden die generationsübergreifenden Angebote gut angenommen, wie uns die Leiterin der Kita beim Besuch der Einrichtung erklärte. Der Träger Blitz e.V. legt hingegen den Schwerpunkt der Arbeit in die offene Jugendarbeit und dies auch im Mehrgenerationenhaus in Stadtroda. Gerade in dieser Woche feierte der anerkannte Bildungsträger sein 20jähriges Bestehen.
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Das Modell des MGH in Stadtroda
Mit 32 Mitarbeitern hat sich der Träger zu einem großen Träger entwickelt und bringt die notwendige Fachlichkeit mit. Das altehrwürdige Haus wurde in den letzten Jahren gut saniert und bietet nahezu optimale Möglichkeiten. Viele noch offene Fragen, wie es in den Mehrgenerationenhäusern weiter geht, werden sich hoffentlich nächste Woche klären. Am Montag werde ich Thüringen bei der Bund-Länder-Gesprächsgruppe im Bundesministerium in Berlin vertreten. Am Donnerstag treffen sich dann die Vertreter der 30 Thüringer MGHs in Gotha. Ziel ist es sich landesweit besser zu vernetzen und Lobbyarbeit zu leisten. Bei beiden Sachen helfe ich gerne.